"Letztendlich können wir immer nur ein Ausbildungsverein sein“, sagt Thomas Otto, Jugendleiter beim SC Weitmar 45, einem Bezirksligisten aus Bochum mit einer außergewöhnlich großen Nachwuchsabteilung. Denn wenn ein Spieler wirklich Talent hat, sind die Bedingungen, die große Clubs wie Schalke, Dortmund, VfL Bochum oder Wattenscheid bieten, schlicht unerreichbar. „Die größten Talente werden immer abgeworben. Die sind mit ihren Scouts ja überall“, berichtet Otto.
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In den jüngeren Nachwuchsklassen schauen die Bundesligisten vor allem auf Größe, Kraft und Koordination. Ab der D-Jugend werden dann fußballerische Qualitäten relevanter. Thomas Otto übt ernste Kritik an der Praxis der Spitzenvereine. „Sie laden 25 Spieler zum Probetraining ein und verdrehen den Jungs den Kopf“, berichtet er. „Viele, die dann nicht genommen werden oder es letztlich bei diesen Clubs doch nicht schaffen, hören ganz mit dem Fußball auf.“ Auf die Kommunikation mit den Amateurvereinen legten die Großen keinen Wert. „Dabei profitieren sie doch letztlich von unserer Vorarbeit.“ Mit der attraktiven Aussicht auf Profifußball haben S04, BVB und VfL ein gewichtiges Argument auf ihrer Seite. „Und wenn die kleinen Vereine die Freigabe nicht erteilen, setzen sie die Spieler zur Not drei Monate auf die Bank“, sagt Otto.
Die Verantwortlichen in Weitmar hält dies nicht davon ab, eines der vorbildhaftesten Ausbildungssysteme im Ruhrgebiet zu unterhalten. „Wir legen viel Wert auf die Aus- und Fortbildung unserer Trainer“, meint der Jugendleiter. Über 300 jugendliche Fußballer sind in Weitmar aktiv, mit Ausnahme der A-Jugend ist jede Klasse mindestens doppelt besetzt. Fast alle Teams spielen auf oberem Kreisniveau. „Man sieht so langsam den Erfolg“, sagt Otto, der den Club hinter VfL, Wattenscheid und TuS Hordel im Bochumer Jugendfußball an vierter Stelle einordnet.
Die aufwändige Nachwuchsarbeit mit 30 Trainern lässt sich der SC einiges kosten. Rund 25 000 Euro müssen im Jahr aufgewendet werden. Und genau dies ist der Knackpunkt für die meisten Vereine. Denn so sehr sie sich eine starke Jugendabteilung wünschen - es ist ein hohes Maß an Eigeninitiative nötig, um dies zu realisieren. Geld verdienen lässt sich im Jugendfußball kaum. Sponsoren können höchstens Kosten decken, Die Ablöse-Summen sind nicht der Rede wert. „Die großen Vereine versuchen sogar, um jeden Preis zu verhindern, dass sie zahlen müssen“, sagt Thomas Otto.
So gibt es neben Ausnahmebeispielen wie Weitmar oder vorbildhaften U-23-Projekten in Sprockhövel oder Ennepetal zahlreiche Vereine, die kaum Jugendmannschaften stellen. Besonders A- und B-Jugend sind häufig verwaist. „Das ist eben ein schwieriges Alter. Und der Organisationsaufwand für Vereine ist hoch“, sagt Peter Kreuger, Leiter der Fachschaft Jugendfußball in Witten. Um seine Zukunft muss sich der Ruhrgebietsfußball aber nicht sorgen. Denn zwischen E- und D-Jugend sind die Mannschaftszahlen viel versprechend.