Wechselfristen, Vereinswechsel-Entschädigungen und schließlich die Pass-Stelle in Duisburg – wohl dem, der in diesem Dschungel einen fähigen Wegweiser um sich weiß.
Nirgendwo sind Transfers so kompliziert geregelt wie in NRW. Denn alle Anträge auf Spielberechtigungen in den Regionalverbänden Westfalen, Mittelrhein und Niederrhein gehen bei der übergeordneten Pass-Stelle des Westfälischen Fußball- und Leichtathletikverbandes (WLFV) in Duisburg ein. Ein Modell, das in den 21 Landesverbänden des DFB einzigartig ist.
Die rund 5000 Vereine in NRW schicken jährlich etwa 180 000 Postsendungen in den Sportpark Wedau, darunter 60 000 Neuanträge und 70 000 Wechsel. „Wir sind damit die größte Passstelle im DFB“, sagt Leiter Ralf Weigert. Ein Aufwand, den Weigert mit lediglich acht weiteren Mitarbeitern bewältigen muss. Dennoch sagt er: „Wir sind verwaltungstechnisch gut aufgestellt.“
Die Hauptgeschäftszeit ist der Sommer, wenn in vielen Klubs traditionell ein großer Kader-Austausch ansteht. „In diesen Zeiten stellen wir auch Aushilfen ein“, berichtet Weigert. Doch der Winter bietet eine spezielle Situation. „Die Ablösesummen sind frei aushandelbar. Damit soll verhindert werden, dass Spieler willkürlich hin und her wechseln“, sagt Thomas Berndsen, Spielbetriebsleiter beim Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW). Die Abmeldung vom alten Verein muss bis zum 31. Dezember erfolgt sein. Dieser kann dann entscheiden, ob er dem Wechsel zustimmt. Gerade im Blick auf Abstiegskampf und Titelrennen entwickelt sich häufig ein Transfer-Geschacher um mittelmäßige Hobby-Kicker, das der Bundesliga alle Ehre macht.
Im Gegensatz dazu sind die Entschädigungen für die Sommertransfers in einer bundesweit einheitlichen Tabelle festgelegt. Hierbei sind die Ablösesummen bei den Wechseln innerhalb oder zwischen Ligen erfasst. Zudem wird abgestuft, je nachdem, wie alt der Spieler ist, wie lange er beim abgebenden Verein ist und ob der „Käufer“-Klub eine Jugendabteilung besitzt. Für einen „normalen“ Transfer in der Kreisliga sind 250 Euro aufgerufen, schon bei einem Wechsel von der Bezirks- in die Landesliga geht es in den vierstelligen Bereich.
Einen Sonderfall stellen die so genannten Vertragsspieler dar, ein Status, der auch in den unteren Ligen genutzt wird, um die Fristen und Entschädigungsgrenzen zu umgehen. Der Amateurvertrag kann gegen ein vergleichsweise geringes Ordnungsgeld aufgelöst werden, so dass die Abmeldungsfrist hinfällig ist. Eine weitere Ausnahme sind vereinslose Fußballer, die frei wechseln können, wenn sie mindestens sechs Monate nicht gespielt haben.
In dem Netz aus Bestimmungen und Satzungen verläuft sich so mancher Klub-Vorstand. „Viele kennen die geltenden Regelungen nicht. Gerade im Sommer steht das Telefon kaum still“, berichtet Thomas Berndsen. Besonders in den unteren Ligen und dort, wo ein Präsidium frisch im Amt ist, seien die vor eineinhalb Jahren eingeführten „Transfer-Gesetze“ häufig unbekannt. Im deutschen Rechtswesen sind Sportrechts-Experten zudem noch immer Exoten.
„Wir versuchen, den Vereinen unter die Arme zu greifen“, sagen Berndsen und Weigert übereinstimmend. Das Qualifizierungszentrum des WFLV bietet in Absprache mit den Kreisen regelmäßig Schulungen an. Zumindest ein Teil des Geflechts kann so entwirrt werden.