Der FCB war unterm Strich zumindest das eine Tor besser als Königsblau. Zuvor hatten sich zwei Mannschaften weitestgehend neutralisiert, die bei gleicher Leistungsbereitschaft und bei verblüffend ähnlicher Auffassung vom probaten Weg zum Erfolg, nur durch die Qualitäten ihrer Einzelspieler voneinander zu unterscheiden waren. Die Bayern hatten Arjen Robben. Die Schalker hatten Angst und das falsche Konzept.
Um den FC Bayern zu besiegen, hätte es gestern Abend einer anderen Marschroute bedurft, als das abwartende Taktieren der Münchner eins zu eins kopieren zu wollen. Das Spiel der Schalker wirkte über weite Strecken der Begegnung fast so, als wäre der Masterplan von Anfang an ein Hinüberretten ins Elfmeterschießen gewesen. Für eine vorzeitige Entscheidung zu Schalker Gunsten wurde nämlich schlichtweg zu wenig investiert. Kuranyi, Farfan, Baumjohann oder später auch Sanchez mit langen Bällen eins ums andere Mal auf eine aussichtslose Reise in die gegnerische Hälfte zu schicken und darauf zu hoffen, dass sich ein einzelner Spieler alleine gegen sechs, sieben Bayern durchsetzen würde, kam einem spielerischen Offenbarungseid gleich. Dümmer und phantasieloser konnte man den Rasenschachexperten aus München nicht in die weithin sichtbar gestellte Falle tappen.
War es die Schalker Absicht, den Bayern möglichst lange ein Unentschieden abzutrotzen und irgendwann mit Glück vielleicht selbst ein Tor zu erzielen, ist diese Rechnung faktisch nicht aufgegangen. Der Charakter eines Pokalhalbfinales kennt nur „alles oder nichts“, „hop oder top“. Insofern gibt das Resultat die Analyse vor, umso mehr, als Schalke zu keiner Zeit erkennen ließ, dass der Wille zum Sieg größer als die Angst vor dem Versagen war. Ein vorprogrammiertes Scheitern.
Ob Schalke mit Rafinha das Spiel anders hätte gestalten können, bleibt Spekulation. Tatsache bleibt aber auch, dass die Mannschaft durch Magaths Disziplinarmaßnahme ihrer einzigen spielerischen Konstante beraubt wurde, die für Überraschungsmomente sorgen kann. Das Duo Rafinha/Farfan generiert Vorstöße, schafft Räume, bindet gegnerische Verteidiger und produziert nicht zuletzt Standardsituationen, deren Quote einen erheblichen Teil der Schalker Torerfolge mitbestimmt. Ohne Rafinha war Farfan alleine auf weiter Flur und die rechte Schalker Abwehrseite ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Zu viele eigene taktische Unzulänglichkeiten für einen Gegner, der Bayern München heißt.
Über Magaths unbestechliches Nominierungsprinzip braucht nicht diskutiert zu werden. Rafinha ist Wiederholungstäter und Magath kein Hampelmann. Trotzdem bleibt die Frage, warum Rafinha dann überhaupt auf der Bank Platz nehmen durfte. Ihm wäre es noch am ehesten zuzutrauen gewesen, nach Riberys Einwechselung für Entlastung zu sorgen. Matip hat seine Sache zwar besser gemacht als ein nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzender Zambrano, doch über ein löbliches Zweikampfverhalten gegen den französischen Superstar kam auch er nicht hinaus. So mussten die Schalker Offensivbemühungen über das gesamte Spiel hinweg zwangsläufig im Versuchsstadium steckenbleiben.
Am Ende muss man hoffen, dass von dem gestrigen Ausscheiden aus dem Pokalwettbewerb kein nachhaltiges Signal ausgeht. Nicht die Niederlage an sich, aber deren Zustandekommen bereitet Sorge. Unter den gegebenen Umständen konnte Schalke unmöglich gewinnen. Diese Erkenntnis darf sich nicht in den Köpfen der Spieler festsetzen. Für die eigene Psyche, den königsblauen Anhang und den restlichen Saisonverlauf wäre es vermutlich besser gewesen, nach einem begeisternden Sturmlauf vielleicht mit 2:4 verloren zu haben. Das hätte man den Spielern allerdings vor dem Anpfiff mit auf den Weg geben müssen! Angsthasenfußball zum falschen Zeitpunkt hat auf Schalke nämlich eine grausame Geschichte.