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S04: Thon und das 6:6
"Komm Olaf, noch ein Angriff"

Schalke: Thon und das 6:6 gegen die Bayern
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Sie sind zahlreich, die ganz besonderen Begnungen zwischen Schalke und den Bayern. Und doch, eine Partie übertrifft alle: Das 6:6 1984. Olaf Thon erinnert sich.

Es schüttete wie aus Kübeln, und mindestens 250.000 Zuschauer müssen im Parkstadion gewesen sein, "so viele erzählen mir, dass sie dabei waren", sagt Olaf Thon. Er war dabei - und schrieb an jenem 2. Mai 1984 Fußballgeschichte. "Es war mit Abstand das schönste Spiel meiner Karriere", sagt der Weltmeister von 1990 über das DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Schalke 04 und Bayern München, bei dem sein Stern aufging. "Drei Tore, eins mit rechts, eins mit dem Kopf, eins mit links, besser geht es nicht", erinnert sich Thon an jenes legendäre 6:6 zwischen dem damaligen Zweitligisten mit dem gerade 18 Jahre alten Ausnahmetalent und dem großen FC Bayern.

Olaf Thon an seinem ersten Platz bei den ehemaligen Horst-Emscher-Husaren. (RS-Foto: Griepenkerl)

Ein Spiel mit unglaublicher Dramaturgie: Viermal lag der Außenseiter zurück, viermal schaffte er den Ausgleich - dreimal durch Thon. Vor allem das 6:6 in der 123. Minute hat der heute 43-Jährige, der am Mittwochabend für den Pay-TV-Sender Sky das aktuelle Pokal-Halbfinale zwischen Schalke und Bayern analysierte, noch genau vor Augen. "Ich bin an der Mittellinie an Schiedsrichter Wiesel vorbeigelaufen. Er hat gesagt: "Komm, Olaf, noch ein Angriff!" Was dann geschah, ist Fußball-Geschichte: Thon drosch den Ball aus spitzem Winkel mit links an Torhüter Jean-Marie Pfaff vorbei ins Netz, und ZDF-Kommentator Eberhard Figgemeier, nicht gerade für seine Gefühlausbrüche am Mikrofon bekannt, überschlug sich förmlich: "Das gibt es nicht, meine Damen und Herren! Das - gibt - es - nicht! Ein solches Spiel habe ich noch nicht gesehen! Ein unfassliches Spiel!"

Der Held des Abends wurde nach dem Abpfiff von den Schalker Fans "eine Dreiviertelstunde durchs Stadion getragen" und fast erdrückt, als er Rolf Töpperwien ein bemerkenswertes Interview gab. "Er hatte recherchiert, dass ich als Kind in Bayern-Bettwäsche geschlafen habe, weil ich ein großer Gerd-Müller-Fan war. Danach hat er mich dann gefragt", erinnert sich der gebürtige Gelsenkirchener, der beim Traditionsklub STV Horst-Emscher groß wurde.

Thon hätte eigentlich nach heutigen Maßstäben gar nicht spielen dürfen. Hatte er doch zwei Tage vorher noch die Nacht zum Tage gemacht. "Ich habe in meinen 18. Geburtstag reingefeiert, in einer Kneipe mit 80 Leuten, und bin erst um zwei Uhr ins Bett gekommen." Doch beim Abschlusstraining am nächsten Nachmittag war er wieder fit, "ich habe mich ja mit dem Alkohol zurückgehalten".

Dass Schalke das Wiederholungsspiel - es gab noch kein Elfmeterschießen - in München 2:3 verlor und die Bayern Pokalsieger wurden, änderte nichts an der Magie dieses Fußballabends, die Figgemeier mit einem legendären Satz umschrieb: "Was dieses fantastische Spiel an Werbung für den Fußball gebracht hat, ist nicht wiedergutzumachen." Thon stand plötzlich auf dem Zettel von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer, gab sieben Monate später sein Debüt in der Nationalmannschaft - "als zweitjüngster Spieler nach Uwe Seeler", wie er stolz betont.

Es folgten drei Meistertitel mit Bayern München, der UEFA-Cup-Triumph 1997 und die Pokalsiege 2001 und 2002 mit seinen Königsblauen, der WM-Triumph 1990, als er im Halbfinale gegen England den entscheidenden Elfmeter verwandelte. Doch das 6:6 vor 26 Jahren bleibt "mit Abstand die Nummer eins auf meiner persönlichen Hitliste".

Heute verfolgt er die Schalker ein wenig aus der Distanz, denn sein Amt als Berater des Vorstands hat er im vergangenen Jahr aufgegeben, weil er sich davon "mehr operative Arbeit im Fußball" versprochen hatte. Über den NRW-Ligisten VfB Hüls will er sich ab der kommenden Saison als Trainer hocharbeiten. Seinem Verein bescheinigt er den derzeit idealen Trainer: "Es ist wie ein Märchen. Felix Magath kann machen, was er will, es funktioniert."

So ging es ihm vor 26 Jahren im strömenden Regen im Parkstadion.

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