Bereits achtmal hat er das Trikot der türkischen Nationalmannschaft im U19-Bereich zuvor getragen, wenn auch noch ohne Torerfolg, wie Bulut erzählt: „Im September letzten Jahres hatte ich den ersten Anruf vom türkischen Fußballverband. Danach wurde ich regelmäßig berufen und habe im zentralen Mittelfeld gespielt. Leider ist mir da noch kein Tor gelungen. Pfosten und Latte standen im Weg.“
Die größte Überraschung der Vorbereitung
Doch die letzten Wochen haben einiges verändert – zum Positiven. War der 19-Jährige, der 2008 von den Sportfreunden Oestrich zu den C-Junioren des VfL wechselte im letzten Jahr noch nicht im Profi-Kader dabei, obwohl er die komplette Sommervorbereitung dort absolviert hatte, so hat sich dies schlagartig geändert. „Onur war die größte Überraschung der Vorbereitung. Er hat sich den Sprung in den 18er-Kader redlich verdient“, konstatiert Peter Neururer. Bulut spürte plötzlich, dass der Coach auf ihn baut und hat deshalb die U19-Europameisterschaft in Litauen kurzerhand abgesagt: „Die Verantwortlichen des türkischen Fußballverbandes waren sehr entgegenkommend und hatten Verständnis.“
Bochums Eigengewächs ist mittlerweile davon überzeugt, dass sein Leistungssprung die Wurzeln in der abgelaufenen Saison hat. „Ich habe in der U23 und bei den A-Junioren regelmäßig gespielt. Das hat mir gut getan, bei den Trainern Metaxas und Wosz habe ich viel gelernt. Das kommt mir jetzt zugute.“ Inzwischen scheint auch die Frage beantwortet zu sein, ob seine Vielseitigkeit – er kann auf mehreren Positionen im Mittelfeld spielen – Fluch oder Segen ist. Bulut: „Ich glaube meine Flexibilität wirkt sich jetzt schon positiv aus und hat mir die Berufung in den Kader beschert.“ Trotzdem macht er keinen Hehl daraus, dass seine Lieblingsposition im zentralen defensiven Mittelfeld liegt. „Da kann ich meine Laufbereitschaft so richtig ausleben.“
Ein Leben auf der A40
Für die Hoffnung auf eine Profi-Karriere hat Bulut in den letzten Jahren eine Menge auf sich genommen. Fast vier Jahre lang nahm er den Fahrdienst des VfL Bochum fast täglich in Anspruch. Von seinem Heimatort dem sauerländischen Werdohl nach Bochum und zurück. Das waren mit diversen Umwegen, um Teamkollegen abzuholen, rund 240 Kilometer am Tag. Rechnet man das auf die vier Jahre hoch, dann hat Bulut nicht nur ein Leben im Fußball und der Schule, sondern auch auf der A40 verbracht. Bulut: „Ich habe die langen Fahrten genutzt, um meine Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Auf der Rückfahrt vom Training habe ich dann geschlafen.“ Offensichtlich eine optimale Lösung, denn im letzten Jahr hat Bulut im heimischen Werdohl mit Erfolg sein Abitur gebaut. In seiner Heimatstadt war er auch am trainingsfreien Dienstag zu erreichen. Besuch bei Eltern und Freundin stand ebenso auf dem Programm wie natürlich ein Abstecher an den Sorpesee.
Das perfekte Debüt – wenn auch nur von der Bank aus
Da hatte er endlich mal Zeit zum Relaxen und um die Erlebnisse des vergangenen Sonntags in Berlin zu verarbeiten. „Den Tag werde ich so schnell nicht vergessen“, gerät Bulut im Rückblick ins Schwärmen. „Zum ersten Mal im 18er-Kader bei den Profis und dann noch ein Auswärtssieg. Besser hätte es einfach nicht laufen können.“
Bulut hat große Fortschritte gemacht, die er folgendermaßen umreißt: „In der Spielgestaltung habe ich mich verbessert und in den Trainingseinheiten hat sich auch mein Spielverständnis verändert. Das spüre ich jeden Tag.“ Überstürzen will er dennoch nichts. „Ich will mich jetzt erst einmal im 18er-Kader festbeißen. Ich freue mich riesig, dabei zu sein, werde geduldig auf meine Chance warten. Und wenn sie sich dann bietet, werde ich sie auch nutzen.“
Selbstbewusst, ohne überheblich zu sein. Bulut befindet sich auf einem guten Weg, auch den nächsten Schritt zu schaffen. Kaum zu glauben, schaffte er im letzten Jahr noch nicht einmal den Sprung unter die besten 18. Diesbezüglich zeigt sich Bulut schon sehr reif: „Im Nachhinein war das vielleicht ein Segen, denn gerade als junger Spieler war es wichtig, regelmäßige Einsätze zu haben. Und die hatte ich als A-Jugendspieler bei der U23 quasi auch schon im Seniorenbereich.“