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VfL: Tagebuch, Teil 4
Botschafter mit Sonnenbrand

VfL-Tagebuch: Botschafter mit Sonnenbrand

Trainer-Routinier Friedhelm Funkel muss es wissen. Wenn er die Mannschaft lobt, dann meint er es ernst. Das Gleiche gilt auch für die VfL-Anhänger.

Nach gerade einmal anderthalb Arbeitswochen an der Castroper Straße kann sich der Neuling schon ein genaues Bild über die VfL-Anhänger machen, die vom ersten Tag an dabei sind. Funkel: „Ihr Auftreten in Greetsiel ist tadellos. Sie sind höflich statt aufdringlich, leise statt laut, hilfsbereit und geben ein positives Bild hier ab.“

Richtig begeistert zeigte sich der Trainer, als die rund zwei Dutzend VfL-Fans am Dienstagnachmittag bei hochsommerlichen Temperaturen einer für die Spieler mörderischen Trainingseinheit von knapp zwei Stunden interessiert beiwohnten, obwohl das einzige, was zu sehen war, ein endloses Laufen um den Platz war.


Als die Spieler dann völlig erschöpft zu ihren Fahrrädern krochen, gab es für den Härtetest langanhaltenden Beifall. Die Folge: Für Sekunden vergaßen die Spieler ihre Qualen und applaudierten zurück.

Es ist ein bunter Haufen: Jung und alt, Jungen und Mädchen, die sich im Laufe der Jahre immer besser verstehen. Da wird selbst der gröbste Witz verziehen und am Abend hocken sie wieder alle friedlich zusammen. In Greetsiel haben sie die Kneipe Hafenkieker zu ihrem Vereinslokal auserkoren. Der Wirt, der eigentlich dem MSV Duisburg zugetan ist, das verrät ein Wimpel über der Theke, hat in den wenigen Tagen die VfL-Anhängerschaft schon richtig lieb gewonnen. Inzwischen hängt auch ein VfL-Wimpel deutlich sichtbar in der neuen Heimat.

Dort trifft man sich direkt am Greetsieler Hafen jetzt jeden Abend, lässt den Tag Revue passieren und klagt mit weinerlicher Stimme über Mückenstiche oder über den aktuellen Sonnenbrand. Selbst im Krankenhaus im 18 Kilometer entfernten Emden hat man einige weibliche VfL-Fans schon lieb gewonnen. Dort nämlich wird der zum Teil böse Sonnenbrand, den sich einige zugezogen haben, fast täglich behandelt.

Aber es ist ja nicht nur die Sonne, die den Fans so zusetzt, wie Trainer Funkel seinen Spielern. Es sind auch die Mücken. Davon war an dieser Stelle schon die Rede, aber irgendwann ist Schluss mit lustig. VfL-Fan Schumi droht der Insektenwelt: „Noch ein Stich, dann reise ich vorzeitig ab.“ So trägt jeder sein Leid. Genauso wie ein Mädchen, das mit seinen Eltern angereist ist und sich von der ersten Einheit an stolz im Azaouagh-Trikot präsentierte. Doch als sie merkte, dass bei den aus Bochum angereisten Fans gerade dieses Trikot auf sehr viel Skepsis stößt, hat sie sich angepasst. Seit Mittwochvormittag trägt sie trotz Temperaturen um 25 Grad nur noch schwarz.

Doch nicht nur Funkel, sondern auch die Spieler wissen die Anwesenheit der treuen Anhänger zu schätzen. Trotz aller Strapazen: Zeit für ein gemeinsamen Foto, ein Autogrammwunsch oder gar einen kleinen Plausch bleibt immer. Kurz: Der VfL-Anhang in Greetsiel ist zwar klein, aber fein. Echte Botschafter aus dem Kohlenpott.

Das größte Ereignis steht dem kleinen Ort an der Nordsee jedoch noch bevor. Am Donnerstagabend starten mindestens 25 VfL-Fans zu eine Kanalfahrt durch die Greetsieler „Grachten“. Natürlich wird das Schiff mit Fahnen dekoriert und anschließend veranstalten die Fans im Hafenkieker eine blau-weiße Nacht, die den Ort wahrscheinlich in seinen Grundmauern erschüttern wird.

Auch RevierSport ist mit dabei, schließlich war ich acht Jahre bei der Marine, habe in der Zeit nie ein Schiff gesehen. Es wird Zeit, dies nachzuholen.

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