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Das große Wosz-Special: Stimmen, Interview und die Trabbi-Geschichte
"Für mich gilt Trainingsanzug statt Krawatte"

Das große Wosz-Special: Stimmen, Interview und die Trabbi-Geschichte

Am Samstag betritt Dariusz Wosz zum letzten Mal im VfL-Trikot den Rasen im rewirpowerSTADION. Langsam aber sicher stellt sich bei der „Zaubermaus“ ein gewisses Kribbeln ein. Kurz vor dem Abschiedsspiel nutzte RevierSport die Gelegenheit und ließ den ehemaligen Kapitän der Bochumer auf eine bewegte Karriere zurückblicken und einen Ausblick auf die Zukunft zu wagen. [b]Dariusz Wosz, Ihr Abschiedsspiel steht unmittelbar bevor. Das erste in der Geschichte des VfL, eine besondere Ehre?[/b]Auf jeden Fall. Dass man mir dies ermöglicht hat, bedeutet mir sehr viel. Die Idee ist wohl vor einiger Zeit durch Initiative von Werner Altegoer und Peter Neururer entstanden. Ich weiß ja auch schon etwas länger, dass es so einen schönen Abschied geben wird.

Steigt die Nervosität?

In den letzten Wochen war ich eigentlich sehr ruhig, ich werde wohl auch erst am Samstag oder vielleicht sogar nach dem Spiel realisieren, was geschehen ist. Ein ganz großer Dank gebührt allerdings Yvonne Olezsak, die in den vergangenen Monaten in Sachen Organisation unglaubliches geleistet hat. Aber mir gehen schon einige Dinge Abends durch den Kopf und ich werde langsam kribbelig. Deshalb werde ich mit einigen alten Weggefährten auch Freitags in der Stadt beim Griechen noch ein paar Ouzo schlürfen, damit ich mir nicht zu viele Gedanken mache.

Apropos Weggefährten! Wer wird Sie bei Ihrem letzten Auftritt im rewirpowerSTADION unterstützen? Das wird eine Mischung aus der UEFA-Cup-Mannschaft von 1997, alten Kollegen aus Berliner Tagen und der Nationalelf. Ich freue mich über Thomas Häßler, Rein van Duijnhoven, Sören Colding, Thomas Waldoch, Max Eberl, Thomas Stickroth und viele mehr. Ich hätte natürlich auch gegen den FC Barcelona spielen können, dann wäre das Stadion bestimmt ausverkauft gewesen, aber das wäre für mich kein echtes Abschiedsspiel. Für die VfL-Anhänger ist es auch eine schöne Sache noch einmal in der älteren und jüngsten Vergangenheit zu schwelgen.

Mit vielen Zuschauern rechnen Sie? Ich denke, dass schon um die 20.000 kommen sollten. Eine tolle Aktion des Vereins ist es auch, die Karten für die Westkurve an Bochumer Schulen für drei Euro verkauft zu haben, die Tribüne wird komplett besetzt sein. Schon mulmige Gefühle bei dem Gedanken an Ihre Auswechslung? Nein, rausgenommen wurde ich in meiner Karriere schon des Öfteren. Aber die Ehrenrunde und die Verabschiedung von den Fans wird mit Sicherheit ganz emotional, obwohl ich nach außen hin eher der harte Typ bin.

Ein solches Ereignis ist immer auch ein Rückblick auf eine bewegte Karriere. Erzählen Sie doch mal von Ihren Anfängen als Fußballer.

Mein Vater hat mich als kleiner Junge in Polen immer mit zu den Spielen der unteren Ligen genommen. Da in Polen erst ab zehn Jahren im Verein gespielt wurde, habe ich mit den anderen Kindern auf der Straße oder auf dem Kartoffelacker gekickt. Ich war immer der Kleinste und der Dreckigste. In diesem Jahr war ich zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder dort, leider hat sich im Großen und Ganzen nichts geändert, so dass ich vieles wiedererkannt habe und viele Erinnerungen hochkamen.

Dariusz Wosz zu Besuch bei RevierSport.

Mit neun Jahren sind Sie mit Ihrer Familie dann in die ehemalige DDR gezogen, mit zehn Jahren auch dem ersten Verein beigetreten.

Bei Motor Halle habe ich angefangen, bevor ich über Empor zum Halleschen FC gekommen bin.

Die Kontakte zum HFC sind weiterhin sehr gut!

Ja sowohl zur Geschäftsführung, die auch am Samstag in Bochum sein wird, als auch zum gesamten Verein, für den ich immer wieder mal Termine wahr nehme.

Bevor es vom VfL nach Berlin ging, stand auch ein Wechsel nach Valencia im Raum.

Das war eine ganz kuriose Sache. Eigentlich war mit den Spaniern schon alles unter Dach und Fach. Ich hatte ein Fax mit dem Vorvertrag vorliegen, in dem von der Laufzeit, über Wohnung bis hin zu Flügen alles geklärt war. Als ich den Präsidenten in einem Düsseldorfer Hotel getroffen habe, wusste der von nichts. Ich bin Abends noch einmal zurück nach Bochum, wieder zurück ins Hotel, aber es hat sich nichts bewegt, obwohl wir bis in die Nacht diskutiert haben. Ich bin dann nach Hause gefahren, habe gewusst, so mache ich es nicht. Am nächsten Tag habe ich eine Pressekonferenz gegeben und meinen Verbleib in Bochum verkündet, kurz danach bekomme ich einen Anruf des Valencia-Präsidenten, dass ich alles bekomme, was ich zuvor verlangt habe. Obwohl ich das Mehrfache verdient und der VfL eine hohe Ablöse kassiert hätte, konnte ich das einfach nicht machen. Ich habe mich noch genau daran erinnert, wie das damals bei Andreas Möller war, als er von Dortmund nach Frankfurt gewechselt ist. So etwas wollte ich nicht. Wenn ich öffentlich sage, dass ich bleibe, dann kann ich das eine Stunde später nicht zurücknehmen.

Statt Spanien wurde dann Berlin zur neuen sportlichen Heimat!

Ich dort drei sehr erfolgreiche Jahre erlebt. Ich habe in der Champions League gespielt, viele Einsätze verbucht und durch die Nationalelf war ich mit Oliver Kahn zusammen einer der Profis mit den meisten Spielen zu der Zeit.

Dann ging es wieder zurück nach Bochum, in die zweite Liga. Hätten Sie woanders nicht noch mehr Ruhm, zum Beispiel in der Nationalmannschaft, ernten können? Ich wollte immer ein guter Bundesliga-Spieler werden, ich habe mir nie selbst Druck gemacht, was die DFB-Elf angeht. Entweder so etwas klappt oder eben nicht. Ich hätte natürlich weiter in der ersten Liga spielen können, aber ich wollte dahin, wo ich mich wohl fühle. Ich habe einige Spieler in Bochum kommen und gehen sehen. Bei vielen, wie zum Beispiel Thomas Christiansen, habe ich nicht verstanden, wie man so schnell wechseln kann, wenn eigentlich alles perfekt läuft. Bei Vahid Hashemian dagegen kann es vollkommen nachvollziehen. Zum FC Bayern zu wechseln ist wie ein Sechser im Lotto, das musst du einfach machen, schon alleine, um einmal Deutscher Meister zu werden. Hat der Rekordmeister bei Ihnen nie angeklopft?

Doch, ich stand gerade in seinem Sportgeschäft, als mein Telefon klingelte und Uli Hoeneß in der Leitung war. Ich musste erst drei Mal nachhaken, wer da dran ist. Er hat gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mal für Bayern zu spielen. Ich habe ja gesagt, aber danach hat sich niemand mehr gemeldet. Ich war damals aber auch schon so gut wie in Valencia, bevor dieser Deal überraschend geplatzt ist.

So eine Vereinstreue wie bei Ihnen gibt es heute kaum noch. Was wird in ein paar Jahren aus den Traditionsmannschaften? Gut möglich, dass die in einigen Jahren aussterben. Dabei ist das am Samstag schon eine Art Traditionstreffen. Gibt es einen Kollegen, mit dem Sie in all den Jahren besonders gerne gespielt haben? Da gibt es viele. Thomas Christiansen oder Thomas Zdebel, aber auch Delron Buckley oder Peter Peschel, weil ich wusste, ich kann den Pass auch fünf Meter zu lang spielen und die beiden Flitzer kriegen den Ball trotzdem noch.

Bewerten Sie den UEFA-Cup-Einzug 1997 mit dem VfL unter Klaus Toppmöller sportlich höher als die Auftritte in der Champions League mit Hertha?

Das war einfach eine Zeit, in der wir als Mannschaft richtig Spaß hatten. Angefangen von dem Durchmarsch in Liga zwei bis zu den tollen Auftritten in Europa. Von den Namen her war das eigentlich gar nicht möglich, aber was wir erreicht haben, war sensationell. Besser ging es gar nicht. Da spielte auch der Zusammenhalt in der Truppe eine ganz entscheidende Rolle.

Wichtig war auch immer das Verhältnis zum Trainer. Nimmt Peter Neururer in Ihrer Laufbahn eine große Rolle ein?

Absolut. Als ich damals zurückgekehrt bin, habe ich unter Bernard Dietz einige Probleme gehabt. Unter Neururer habe ich wieder zu meiner alten Form gefunden. Dann habe ich mir im Spiel gegen Frankfurt durch eine Unbeherrschtheit eine Rote Karte eingehandelt, war für mehrere Wochen gesperrt. Die ganze Geschichte wurde auch in den Medien sehr hochgekocht, aber ich habe dem Coach meine Sichtweise geschildert und er hat mich nicht verurteilt. Ich war erst zum letzten Match in Aachen wieder einsatzbereit und Neururer hat mich gebracht. Das Vertrauen habe ich dann auch zurückgezahlt. Aber bei jedem anderem Trainer wäre es wohl vorbei gewesen. Dennoch haben Sie es in den letzten Jahren bei ihm nicht immer einfach gehabt.

Für mich ist wichtig, ob der Trainer noch menschlich bleibt. Wenn er mich rausgenommen oder gar nicht eingewechselt hat, hatte ich natürlich einen dicken Hals, aber wir haben uns dennoch verstanden. Vielleicht hätten wir in der Mannschaft mehr mit ihm reden, ihm helfen müssen, dann könnte er jetzt noch in Bochum auf der Bank sitzen. In Ihrer Karriere wurden Sie von schweren Verletzungen verschont, sind auch jetzt noch fit! Das war ein ganz großes Glück. Ich kann morgens noch völlig ohne Beschwerden aufstehen, fühle mich super. Gut genug, um noch für die Zweitvertretung aufzulaufen?

Nein, das habe ich nur mit Blick auf das Abschiedsspiel gemacht. Das will ich mir nicht antun.

Was bringt dann die Zukunft?

Ich werde meine A-Lizenz und meinen Fußballlehrer machen, will später schon als Trainer arbeiten. Zurzeit bin ich Co der U19, das ist wahnsinnig interessant. Ich denke, das sich mit Kindern und jungend Leuten gut umgehen kann, da ist auch meine Fußballschule eine gute Vorbereitung.

Ein Seitenwechsel wie bei Stefan Kuntz kommt für Sie nicht in Frage?

Nein, für mich gilt Trainingsanzug statt Krawatte.

Aber so ganz ohne Fußball geht es doch bestimmt nicht! Peter Közle macht es ja mit Inter Bochum vor. Ich sammle jetzt in der Bezirksliga bei Union Bergen meine ersten Erfahrungen. Denn eins ist klar: Ich kann nicht nur trainieren, ich will auch spielen!

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