Der populäre "Joschi" erinnert sich an sein Profi-Debüt an der Hafenstraße: "Für mich ist an diesem Tag ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich durfte (gegen Schweinfurt 05, Anm. d. Red.) als Eigengewächs das erste Pflichtspiel für die erste Mannschaft meines Klubs bestreiten."
Doch bevor Margref sich seinen Traum realisieren konnte, musste er nicht nur hart dafür ackern, sondern auch das Quäntchen Glück spielte dem in Essen-Borbeck aufgewachsenen Kicker in die Karten. "Früher stand ich als Fan auf der Westkurve und hab die "Roten" angefeuert. Ich habe immer davon geträumt den Rasen an der Hafenstraße zu betreten und das RWE-Trikot überzustreifen. Meistens werden diese Träume nicht wahr, denn jeder Fan will doch für seinen Klub antreten. Ich hatte neben meinem Talent und Fleiß auch das Glück, dass der Verein mal wieder wenig Kohle hatte und auf die Jugend setzen musste", erinnert sich der gebürtige Kölner.
Vor allem der unbändige Wille und die "Maloche" auf dem Feld bescherten dem Vater von zwei Kindern eine lange Profi-Zeit bei Rot-Weiss Essen. In acht Jahren absolvierte der 1,74-Meter große Verteidiger 214 Partien für die Bergeborbecker. "Ich habe sogar 17 Tore erzielt. Mein Torinstinkt kam wahrscheinlich davon, dass ich bei den Amateuren oft als Stürmer eingesetzt wurde", denkt Margref an die Anfänge bei RWE zurück.
Ganz besonders erinnert sich der 41-jährige, der mittlerweile in Hattingen sesshaft geworden ist an die Treffer im DFB-Pokal 1992 gegen den Erzrivalen aus Gelsenkirchen. „Da habe ich zwar keine Bude gemacht, doch das Spiel war einfach nur geil“, schnalzt Margref noch heute mit der Zunge, wenn er an den 2:0-Sieg über die Schalker zurückdenkt. "Ich kann mich noch an das zweite Tor von Jörg Lipinski erinnern. Jörg tanzte Jens Lehmann aus und jubelte mit dem Ball auf der Torlinie, dann schob er die Kugel über die Linie. Die Begeisterung war unbeschreiblich. Die RWE-Fans verwandelten die Hafenstraße in ein Tollhaus."
Neben dem „Coup“ im Pokal-Wettbewerb gegen den großen Rivalen aus der Nachbarstadt hat Margref natürlich auch noch das Pokalfinale in Berlin von 1994 vor Augen. Rot-Weiss Essen verlor das Endspiel zwar mit 1:3 gegen Werder Bremen, jedoch hatten sich die damaligen Zweitliga-Kicker mit dem Einzug in das Endspiel bereits einen Platz in der Vereinsgeschichte gesichert. Und das merkten Jürgen Margref, Frank Kurth, Ingo Pickenäcker und Co. vor allem bei ihrer Rückkehr nach Essen.
"So einen Empfang hätten wir wirklich nicht erwartet. In Berlin waren schon über 30.000 Essener und am Kennedyplatz versammelten sich an die 20.000 Fans. Ein unbeschreibliches Gefühl."
Margref weiß, dass im Endeffekt die schönen Momente haften bleiben, doch auch er hat die „schwarzen Stunden“ - die Zeit der Lizenzentzüge an der Hafenstraße - hautnah miterlebt. „Das war eine schwere Zeit für den Verein, die Spieler und die Fans“, blickt Margref zurück und fügt an: „Es gab Phasen in denen wir über vier Monate kein Gehalt bekommen haben. Nach dem Abstieg in die Oberliga drohte RWE erneut der Lizenzentzug. Da musste ich auch mal an mich und meine Familie denken."
Vor allem deshalb verabschiedete er sich 1998 in Richtung Siegen. Über das Siegerland führte Margrefs Weg zur SSVg. Velbert: "Ich wäre sicher gerne bis zum Ende meiner Karriere in Essen geblieben, aber irgendwann ging es einfach nicht mehr. Es kommt so ein Moment, da musst du an dich denken."
Heute drehen sich die Gedanken des einstigen Westkurven-Besuchers in erster Linie um seine Familie und um seine drei Jobs. „Ich arbeite mit Ingo Anderbrügge in einer von Ralf Bockstedte gegründeten Spielerberater-Agentur. Zudem führe ich noch mit Dirk „Putsche“ Helmig die Fußballschule „Ballkontakt“, scheint der Ex-Velberter mit Familie, Spieleragentur und Fußballschule ausgelastet zu sein. „Als Sahnehäubchen trainiere ich noch die Sportfreunde Niederwenigern, ein Verein aus dem Heimatdorf meiner Frau. Ohne Fußball geht es einfach bei mir nicht“, lächelt der "fußballverrückte" Coach des Hattinger Bezirksligisten. Und ohne das Thema Rot-Weiss Essen kann Margref wohl auch nur schwer den Alltag überbrücken. „Mit Putsche spreche ich jeden Tag über RWE. Das ist einfach unser Klub, den man nicht aus dem Herzen kriegt.“
Der Kicker der RWE-Traditionsmannschaft könnte sich durchaus ein erneutes Engagement an der Hafenstraße vorstellen. "Ich würde gerne in einem Boot von fünf, sechs ehemaligen Spielern dem Klub zu besseren Tagen verhelfen. Wenn Einigkeit bei den Funktionären herrscht, dazu noch ein kontinuierliches Konzept ausgetüftelt wird und die Identifikation zum Verein im Vordergrund steht, dann wird Rot-Weiss wieder bessere Zeiten erleben“, würde Margref den Viertligisten nur zu gern wieder in der 2. Bundesliga sehen, wie einst am 20. Oktober 1990...