Kurz nach seinem einjährigen Amtsjubiläum als Präsident von Hertha BSC hat Kay Bernstein den Profi-Fußball massiv kritisiert. „Wir sollten einfach mal fragen, wem der Fußball eigentlich gehört. Was haben wir für eine Verantwortung für das Spiel? Im Fußball ist ein monopolistisches System ohne Wettbewerb entstanden. Auf allen Ebenen“, sagte der Chef des Berliner Bundesliga-Absteigers in einem Interview von „ntv.de“.
„Mir fällt im Sport kein anderer legaler wirtschaftlicher Kreislauf auf, der ähnlich monopolistisch ist. Wir brauchen neue Regeln für einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Fußball. Die gelten dann für alle. Keine Hinterzimmer mehr.“
Lehrreich sei für ihn die Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Hertha-Investor Lars Windhorst gewesen. „Der Fall Windhorst hat mir die Augen geöffnet: Wie weit einige Personen gehen, um ihre Macht zu zementieren. Mir wurde klar, dass ich in einem Kreislauf gelandet bin, in dem es um sehr viel Geld geht, der zum Teil auch nicht fair spielt. Es ist ein korruptes System. Wenn es ums Geld geht, gibt es ganz viele, die mitreden wollen“, sagte Bernstein. Inzwischen ist das amerikanische Unternehmen 777 Partners als neuer Investor bei Hertha eingestiegen.
Die Erfahrung beschränkt sich aus Sicht von Bernstein aber nicht auf seinen Berliner Club. „Das meine ich im größeren Sinne. Dazu müssen wir nur auf die FIFA, die UEFA, auf die Verbände schauen. Es wird von oben so vorgelebt. Das System wird so gelebt. Überall“, kritisierte der 42 Jahre alte ehemalige Ultra.
Dazu müssen wir nur auf die FIFA, die UEFA, auf die Verbände schauen. Es wird von oben so vorgelebt. Das System wird so gelebt. Überall
Hertha-Präsident Kay Bernstein
Er selbst habe im Amt eine moralische Transformation durchmachen müssen, weg von einstigen Idealen. „Bei mir ist es heute ein wenig wie bei den Grünen, die plötzlich in der Realpolitik gefangen sind“, sagte Bernstein. „Wir können nicht mehr aufgehalten werden: Die Revolution hat schon begonnen.“
Als Änderungen regte der Unternehmer eine Umverteilung der Gelder zugunsten von Clubs an, die mit ihrem Budget besser haushalten oder eine Gehaltsobergrenze. Eine Rückkehr zu einer gemeinsamen Spielzeit um 15.30 Uhr am Samstag würde auch ökologisch sinnvoll sein, da die Bahn wieder zu einem adäquaten Reisemittel für Auswärtsfans würde.