Hätten Sie im Nachhinein etwas anders gemacht?
Es war vielleicht ein Fehler, dass ich häufig öffentlich im Fernsehen meine Sympathien für Schalke bekundet habe. Als Schalker hast du sofort die absolute Mehrheit gegen dich – vor allen Dingen in Dortmund, das ist ja klar. Da haben mich Einzelne sogar bedroht, so nach dem Motto: „Du kriegst auf die Fresse, du Schalker Schwein.“ Und das war noch das Freundlichste. Dabei haben meine Sympathien sich in meiner Arbeit überhaupt nicht bemerkbar gemacht.
Woran messen Sie das?
Als ich beim Hörfunk war, habe ich das noch nicht so öffentlich gemacht. Eines Tages hatte Schalke gegen Bielefeld im Pokal gespielt, 2:2, ein grauenhaftes Spiel. Nachher bekam ich einen Brief von einem Hörer: „Sie sind der größte Schalke-Hasser, den ich je gehört habe.“ Tatsächlich bin ich der neutralste Mensch der Welt, wenn ich im Stadion sitze.
War Ihnen bewusst, dass Sie mit Anpfiff den Fußball verändern würden?
Alle, die damals bei uns gearbeitet haben, waren riesige Fußballfreunde. Keiner von uns wollte dem Fußball etwas Böses. Daher haben wir am Anfang ja jedes Spiel 15, 20 Minuten in der Zusammenfassung gezeigt. Wir mussten aber sehr schnell merken, dass das nur absolute Minderheiten interessiert. Das ist übrigens etwas, das ich heute noch sage: Leute, die die Konferenz bei Sky gucken, sind für mich Fast-Food-Fußballfans.
Wie meinen Sie das?
Das ist wie Pornographie: Immer auf die nächste Sensation aus. Das kann ich nicht verstehen. Für mich geht ein Fußballspiel 90 Minuten und ich will das ganze Drumherum mitbekommen – auch wenn es manchmal stinklangweilig ist. Die Konferenz ist ein toll gemachtes Produkt, das streite ich nicht ab. Aber für mich selbst kommt das nicht in Frage. Im Radio ist das hingegen eine ganz andere Geschichte.
Anpfiff hatte auch eine andere Geschichte zu bieten.
Die Leute haben sich tatsächlich gewundert, dass wir Werbung dazwischen gemacht haben. Aber das mussten wir, weil wir das Produkt anders nicht bezahlen konnten. Das war damals ja schon teuer. Und bislang hat noch nie ein Sender mit Fußball im Fernsehen Geld verdient. Es rechnet sich einfach nicht. Und die größte Frechheit ist, dass die Öffentlich-Rechtlichen 65 Millionen oder noch mehr für die Champions League ausgeben und dann kein Geld mehr haben, um ZDFkultur zu betreiben. Es ist überhaupt nicht die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Senders, den Fußball querzusubventionieren.
Wurden die Öffentlich-Rechtlichen genau genommen durch Anpfiff überflüssig?
Der Fußball ist eine Ware geworden, das müssen wir einfach akzeptieren. Und deshalb gehört er eigentlich ins Kommerz-Fernsehen und nirgendwo anders hin. Das ist bitter, aber wahr. Der Fußball ist heutzutage in der Spitze ein eiskaltes Geschäft. Die Spieler spielen heute für Schalke, morgen für Dortmund und übermorgen für Bayern München. Da trage ich aber keine Schuld dran. Und mir liegt noch etwas auf dem Herzen.
Auf Seite 3: "Was danach mit Beckmann und Ran kam, war viel schlimmer"