Ich wollte ja noch vom S04-Feierabend in der "Kulturinsel" berichten. Etwa 600 Schalker Fans nutzen die Gunst der Stunde, um den Profis mal ganz nah zu sein. Kickern mit Jonsi, Bratwurst von Tim Hoogland und Smalltalk mit Christoph Metzelder, es gibt das ganz folkloristische Programm.
Was es nicht gibt, ist die Rückerstattung der Verzehrbons, wie es Schalke vorher angekündigt hatte. Der Eintritt von fünf Euro, verbunden mit Wertmarken, für die Veranstaltung hatte ja zuvor unter den Anhängern für ziemlichen Unmut gesorgt. Als einzelne Besucher des S04-Feierabends von dem Angebot Gebrauch machen wollen, sich ihre fünf Euro am Einlass wiederzuholen, ernten sie aber nur fragende Blicke und Schulterzucken. Davon wisse er nichts, sagt der Mann am Schalter beziehungsweise Bistrotisch, den die Gastgeber vor der "Kulturinsel" aufgebaut hatten.
Der eigentliche Skandal des 30. Juni aber findet drei Stunden später statt. Ein Besuch in der "Brasserie" endet fast in einer handfesten Keilerei, denn der Borkumer an sich ist nicht nur verhaltensauffällig, sondern auch schön aggressiv. Wir haben den Fensterplatz, es ist eine fröhliche Runde, als es von gegenüber plötzlich scheppert. Jemand übt mit unseren Fahrrädern für den Domino-Day, es klappt wunderbar, alle Räder fallen. Ich erkenne eine Alte, wie sie in den Eingang gegenüber huscht, sie erzählt nicht, warum sie hier gerade am ganz großen Rad dreht.
Wir schießen aus unserer Plauderecke und versuchen die Lage zu klären, doch das erledigt nun ein Graufrack, der aus dem besagten Hauseingang fegt. Wir sollen die Räder wegstellen, immer die gleiche Scheiße, und so weiter, da scheint einer mit seinem Leben richtig glücklich zu sein. Nach ein paar launigen Drohungen räumen wir die Karren auf die andere Seite der Einkaufsstraße. Der Grund für die Krawatte des Borkumer Eingeborenen ist, dass das Schaufenster für seinen Laden, der unnützen und überteuerten Tand feilbietet, frei sein soll. Immer wieder würden wohl die verhassten Räder dieser Urlauberplage vor seiner sauberen Auslage lungern und manche sogar die Scheibe zerkratzen.
Vor so viel Dummheit müssen wir kapitulieren und bestellen die nächste Runde in der "Brasserie". Ein Fahrrad ist allerdings übrig geblieben und steht nach wie vor dreist vor Herrn T.'s Porzellankiste. Eine Zeit lang passiert nichts, man könnte fast glauben, dass selbst der blödeste Ochse irgendwann kapieren würde, dass wir hier keine Kapitalverbrechen begehen. Doch auf einmal schleicht sich die Silberlocke noch einmal aus der Tür und nestelt am Vorderreifen des vergessenen Zweirads. Du meine Güte, wie kindisch, jetzt lässt er auch noch die Luft raus, denken wir und haken die schändliche Tat, von unseren Luftpumpen wissend, einfach ab.
Die Überraschung ist umso größer, als wir aufbrechen und die Besitzerin das vor Herrn T.'s selbstvergessen dösende Fahrrad aufpumpen will. Im Reifen steckt ein etwa fünf Zentimeter langer Nagel, der Mantel und der Schlauch sind hinüber. Spießer aller Welt vereinigt euch, denken wir und rufen die Polizei. Jeder vernünftige Mensch hätte sicher mit uns geredet und uns darum gebeten, die Räder einfach fünf Meter weiter zu stellen. Nach der Posse aber, und sei das Delikt noch so klein, haben wir richtig Lust, den bräsig-biestigen Borkumer mit Kriminal-Kalamitäten zu belangen.
Die Inselsheriffs sind schnell da, denn die Wache ist gleich um die Ecke. Die zwei Beamten nehmen den Vorgang mit einer umständlichen Ernsthaftigkeit auf, als wäre der Kriminaldauerdienst im Einsatz.
Gleich muss ich noch mal auf die Wache, meine Aussage als Zeuge unter ein Tatprotokoll schreiben. Und morgen singe ich zum Abschied: "Die Insel meiner Träume, ist Borkum ganz allein".
Bis dann,
Heiko Buschmann