Die Pressekonferenz nach dem Niederrheinpokal-Derby zwischen Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen neigte sich dem Ende zu, da wurde es international.
Ein englischer Journalist meldete sich zu Wort und erkundigte sich in fließendem Deutsch zunächst bei RWE-Trainer Uwe Koschinat nach Thomas Eisfeld, bevor er dem Oberhausener Coach Sebastian Gunkel für die starke Leistung der Kleeblätter bei der 1:2-Niederlage gratulierte.
Dass die Halbfinal-Partie für großes Interesse sorgen würde, war klar, und das zeigte sich ja auch an den 14.000 Zuschauern im Stadion Niederrhein. Dass aber sogar ein englischer Pressevertreter die Partie verfolgte, damit war nicht zu rechnen. Was hatte es damit auf sich?
Die Aufklärung lieferte Benjamin McFadyean im Gespräch mit RevierSport. "Ich war für das Sportfilmfest in Oberhausen und wollte die Chance nicht verpassen, dieses Spiel zu sehen", berichtet der 54-jährige Engländer. McFadyean kommt aus London. Doch das Ruhrgebiet ist bei weitem kein unbekanntes Terrain für ihn.
Teile seiner Jugend verbrachte er aus familiären Gründen in Dortmund, bevor er zum Studium auf die Insel zurückkehrte. Doch McFadyean reist weiterhin regelmäßig nach Deutschland. Als freier Journalist berichtet er für renommierte Titel wie "FourFourTwo" oder "BBC" über deutschen Fußball.
Zudem unterhält McFadyean einen Podcast, in dem sich alles um den BVB dreht und in dem unter anderem bereits Kapitän Emre Can zu Gast war. Borussia Dortmund ist McFadyeans Herzensverein. Er gründete einst einen BVB-Fanclub in London ("Dortmund Fan Club London 2013"), der inzwischen seit 13 Jahren besteht und mehr als 300 Mitglieder hat.
In Deutschland besuchte McFadyean bereits über 500 Partien - von der Bundes- bis zur Kreisliga. "Ich möchte den Engländern einen Einblick in den deutschen Fußball geben", erklärt er. "Die Stimmung ist ligaübergreifend außergewöhnlich, die Preise sind vernünftig, das Bier schmeckt gut und das Niveau ist anspruchsvoll." Aus diesen Gründen steige die Beliebtheit des deutschen Fußballs auf der Insel. "Zumal die Fans hier keine Kunden, sondern Mitglieder sind. Das imponiert uns sehr."
McFadyeans Besuch im Stadion Niederrhein am Samstag war nicht sein erster. Schon in den 80er Jahren war er in der RWO-Spielstätte zu Gast. Als Kind sah er damals ein Pokalspiel des BVB gegen RWO. "Es war schön, wieder hier zu sein", sagt er, ehe er den Fanlagern beider Revierklubs ein großes Kompliment aussprach. "Man hat das Gefühl, dass die Fans hier wirklich der zwölfte Mann sind. Sie können das Spiel mitbestimmen."
Englischer Sportjournalist zieht seinen Hut vor RWE und RWO
Seine sportliche Analyse zur Partie, in der RWO verdient in Führung ging, das Spiel nach einem Doppelschlag in der zweiten Hälfte aber aus der Hand gab: "Man hat gesehen, dass ein Viertligist mithilfe der Fans einen größeren Gegner über eine Halbzeit hinweg dominieren kann. Letztlich hat sich der stärkere Kader durchgesetzt. Auch die RWE-Fans waren großartig." Was ihm jedoch am besten gefallen habe: "Trotz der riesigen Rivalität ist es friedlich geblieben. Es war ein tolles West-Derby."
Das Fußball-Wochenende im Ruhrgebiet war für McFadyean damit aber noch nicht beendet: Am Sonntag besuchte er das Bezirksliga-Gastspiel des 1. FC Mülheim, den er schon seit einigen Jahren verfolgt, bei der DJK Sportfreunde Katernberg - und stellte damit seine Leidenschaft für den deutschen Fußball einmal mehr unter Beweis.