Rot-Weiss Essen gegen Preußen Münster: Auf dieses Duell vor 10.000 Zuschauern freut sich auch Marcus Uhlig.
RevierSport hat mit dem 50-jährigen RWE-Vorstandschef über die aktuelle sportliche Lage, die Drittliga-Lizenz und ein mögliches Scheitern im Aufstiegskampf gesprochen.
Marcus Uhlig, wenn man solche Spiele wie in Homberg noch gewinnt, dann muss sich RWE über den Aufstieg doch keine Sorgen mehr machen oder?
"Sorgen machen", ist hier als Formulierung deplatziert. Wir freuen uns, dass wir dieses schwierige Spiel in Homberg gewonnen haben. Ich habe am Wochenende oft gehört, dass wir solch ein Spiel in der vergangenen Saison nicht gewonnen hätten. Mag alles sein, ist aber total müßig, sich darüber weitere Gedanken zu machen. Jeder, der die Regionalliga West kennt und verfolgt und der die Tabelle liest, weiß, dass dieser Sieg sehr wichtig war – sowohl tabellarisch als auch für die Mannschaft als Bestätigung, dass sie mit ihrer Mentalität, mit ihrer Gier auf dem richtigen Weg ist. Wir haben aber auch noch 15 weitere Spiele bis zum Saisonende. Und bis dahin gilt: immer dran glauben und niemals nachlassen.
Hand aufs Herz: Was ging Ihnen in der 87. Minute, als es noch 0:0 in Homberg stand, durch den Kopf?
Ob Sie es glauben oder nicht: Ich habe absolut daran geglaubt, dass wir noch ein bis zwei Chancen bekommen werden und dass dann irgendwie noch einer reinfällt.
Das stimmt schon, ich kann mir ein Spiel von uns niemals in Ruhe ansehen. Deshalb habe ich auch weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen einen festen Platz im Stadion.
Marcus Uhlig
Nach Homberg ist vor Münster: Wie sind Ihre Erinnerungen an das Hinspiel und wie war es da um ihre Gemütslage bestellt?
Das Hinspiel war für uns alle eine Achterbahn der Gefühle. Ich erinnere mich daran, dass mit dem Anpfiff der zweiten Halbzeit ein Ruck durch die Mannschaft gegangen war. Nach dem 3:2 für uns durch Simon Engelmann herrschte bei uns allen natürlich Ekstase pur.
10.000 Fans im Stadion, inklusive 800 Gäste-Anhänger: Wie sehr freuen Sie sich auf dieses Spitzenspiel?
Ich freue mich total auf das Spitzenspiel, auf diesen ansatzweise würdigen Rahmen in einem zumindest halbvollen Stadion. Unter normalen Umständen wäre die Hafenstraße möglicherweise ausverkauft gewesen. Aber die Zeichen aus der Politik deuten ja weitere Öffnungsschritte in naher Zukunft an.
Was machen solche Spiele eigentlich mit Ihnen persönlich? Sie sind ja nicht nur RWE-Boss, sondern auch Fan des Vereins. Sie nehmen das alles sehr persönlich. Es ist ja kein normaler Job für Sie....
Das stimmt schon, ich kann mir ein Spiel von uns niemals in Ruhe ansehen. Deshalb habe ich auch weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen einen festen Platz im Stadion.
Die Ausgangslage dürfte klar sein: RWE hat fünf Punkte Vorsprung, Münster ist zum Siegen verdammt, oder?
Ich finde, dass die Ausgangslage ein Stück weit vergleichbar ist mit der Situation vor unserem Heimspiel gegen Wuppertal, als der Druck etwas mehr bei unseren Gästen lag. Nichtsdestotrotz wollen wir am Sonntag natürlich auch Preußen Münster schlagen. Und unabhängig davon gilt auch für dieses Spiel: Am Sonntag wird ganz sicher noch nicht die Saison entschieden, egal wie die Partie ausgeht.
Münster und Fortuna Köln bleiben hartnäckig an RWE dran. Aber RWE performt unfassbar gut. Wie erklären Sie sich diese Leistungs- und Mentalitätsstärke von Rot-Weiss Essen?
Ich glaube, dass wir aus der vergangenen Saison die richtigen Lehren gezogen und die Mannschaft optimal in Sachen Qualität, Charakter und Mentalität verstärkt haben. Hierzu zählen aber auch alle Mitarbeiter rund um die Mannschaft. Insbesondere Jörn Nowak legt sehr viel Wert auf Prozess-Optimierung und die vielen kleinen Details in den Arbeitsabläufen. Hier haben wir in dieser Saison noch mal einiges verbessert.
Wissen Sie eigentlich wie viele Punkte RWE in der vergangenen Saison nach 23 Spielen hatte?
Wir haben jetzt nach 23 Spielen 56 Punkte. In der vergangenen Saison waren es nach 23 Spielen zwei Punkte weniger.
Hätten Sie diese Steigerung im vergangenen Sommer für möglich gehalten?
Ja, natürlich. Das war ja unsere Aufgabe nach der vergangenen Saison: Trotz einer überragenden Runde mit 90 Punkten aus 40 Spielen, also einem Schnitt von 2,25 Punkten, dafür zu sorgen, dass wir mit Blick auf die sich anbahnende verschärfte Konkurrenzsituation mit Wuppertal, Köln, Münster und Oberhausen, die sich im Sommer 2021 allesamt aufstiegsambitioniert positioniert hatten, uns best-möglich zu rüsten. Und zwar ohne unser Budget dafür zu erhöhen.
Was macht Sie in diesen Wochen, Tagen besonders stolz?
Ich bin stolz auf unsere Mannschaft und auf alle, die drum herum – also auf und neben dem Platz und in den Büros der Geschäftsstelle arbeiten, dass wir als echte Einheit funktionieren und uns bislang nicht aus dem Takt bringen lassen.
Liegt der Drittliga-Lizenzantrag eigentlich schon fertig in der Schublade? Wann muss dieser im Frankfurt eingereicht werden?
Wir arbeiten gerade intensiv an der Drittliga-Zulassung, die spätestens am 1. März vollständig mit allen Unterlagen beim DFB eingereicht sein muss.
Ist derjenige dann der Held und der Rest hat versagt, weil man gescheitert ist? Muss man das so darstellen? Auch wenn Sie meine Antwort vielleicht langweilt, verweise ich auf das, was ich zur letzten Frage gesagt habe: Wir planen derzeit zweigleisig – nicht mehr und nicht weniger.
Marcus Uhlig
Gibt es für RWE überhaupt - außer der sportlichen Hürde - irgendwelche weiteren Hürden zu bewältigen?
Ich gehe nicht davon aus, dass der DFB uns Bedingungen zum Zulassungserhalt setzen wird.
Darf RWE eigentlich noch auf finanzielle Corona-Hilfen des Landes NRW hoffen? Um was für eine Summe könnte es dabei gehen?
Die West-Regionalligisten hatten bis zum Ende der vergangenen Saison über ein Hilfspaket der NRW-Landesregierung einen Teil der corona-bedingten Ticketeinnahme-Ausfälle erstattet bekommen. Wir wissen, dass derzeit auf Bundesebene geprüft wird, ob und unter welchen Voraussetzungen die Regionalligisten aus Bundesmitteln Kompensationen für Einnahmeausfälle in der laufenden Saison erwarten können. Wie realistisch das Ganze ist und über welche Höhe der Einnahme-Ausfälle wir sprechen, kann ich derzeit seriöserweise noch nicht sagen.
Wie sehr beschäftigen Sie sich schon mit der 3. Liga?
Zum einen befinden wir uns derzeit im Zulassungsverfahren – also in der Lizenzierung – zur 3. Liga. Zum anderen ist es sicherlich kein Geheimnis, dass wir aktuell natürlich sowohl sportlich als auch organisatorisch-administrativ zweigleisig planen.
Liegt bei Ihnen im Büro eigentlich irgendwo das Szenario des Scheiterns parat - heißt eine weitere Saison in der Regionalliga West?
Das Vokabular Ihrer Fragestellung gefällt mir nicht. Schauen Sie sich den Punkteschnitt aller Mannschaften in der aktuellen Spitzengruppe an. Die Regeln sind halt so, dass daraus am Ende „nur einer“ aufsteigen darf. Ist derjenige dann der Held und der Rest hat versagt, weil man gescheitert ist? Muss man das so darstellen? Auch wenn Sie meine Antwort vielleicht langweilt, verweise ich auf das, was ich zur letzten Frage gesagt habe: Wir planen derzeit zweigleisig – nicht mehr und nicht weniger.