Nach über 30 Jahren schließt sich ein Kreis. Marcus Uhlig kickte als Jugendspieler für den TuS Rheinberg 08 und erhielt ein Angebot von Rot-Weiss Essen. Obwohl er damals schon glühender RWE-Anhänger war, verhinderten seine Eltern einen Wechsel an die Hafenstraße: "Meine Eltern waren da sehr rigoros und haben gesagt: 'So einen Quatsch machen wir nicht.' Ich sollte mich auf die Schule konzentrieren, war zwar nicht begeistert, aber ich musste mich dem beugen", berichtet der heute 47-Jährige, der nun Nachfolger von Michael Welling wird. Dieser hatte am Dienstag seinen Rücktritt zum Saisonende erklärt und wird Uhlig in den kommenden Wochen und Monaten in seine neuen Aufgaben einarbeiten.
Wir haben mit dem ehemaligen Geschäftsführer von Arminia Bielefeld über sein Fansein von RWE, seine neue Aufgaben und Ziele gesprochen.
Marcus Uhlig, warum war für Sie sofort klar, dass Sie die Stelle bei RWE annehmen möchten? Das hatte sicherlich mehrere Gründe. Rot-Weiss Essen ist ein ganz, ganz besonderer Verein mit richtig großem Potenzial, aber eben auch persönlich für mich. Ich bin seit frühester Kindheit großer RWE-Fan und verfolge das Thema seit bald 40 Jahren. Es ist einfach ein sehr interessantes Gesamtpaket für mich. Deswegen freue ich mich seit Tagen darüber, dass wir zusamengekommen sind und es losgeht. Ich habe ein richtig gutes Gefühl und bald geht es an die Arbeit.
Was haben Sie gedacht, als Sie ans Telefon gegangen sind und Rot-Weiss Essen Ihnen mitteilt, dass Sie neuer Vorsitzender werden sollen? Was meine genauen Gedanken gewesen sind, weiß ich nicht mehr. Natürlich habe ich mich sehr gefreut. Michael Welling und ich sind schon seit Wochen im Austausch, von daher war das sicherlich ein Prozess, der sich entwickelt hat. Als dann Herr Helf mich angerufen hat und mir die Entscheidung verkündet hat, habe ich mich sehr gefreut.
Da dürfte das Herz dann auch höher schlagen, wenn man weiß, dass man nun für seinen Kindheitsverein arbeiten darf, oder? Ja, auf jeden Fall. Ich habe das Gefühl, dass es absolut stimmig ist. Wirklich zur richtigen Zeit eine tolle Aufgabe und das ist keine Floskel. Als dann die Bestätigung kam, habe ich mich gefreut und auch gejubelt, auch wenn ich gerade beim Autofahren war.
Was kommt Ihnen denn als Erstes in den Kopf, wenn Sie an Rot-Weiss Essen denken? Der Schal von Rot-Weiss Essen, der seit über 30 Jahren bei mir im Kleiderschrank hängt.
Haben Sie denn schon die Bielefeld-Fanartikel auf dem Haus geräumt? Die Farbe blau ist bei den RWE-Fans ja nicht gerne gesehen. Ja, das weiß ich. Bielefeld gehört zu meiner Historie. Ich wohne auch noch in Bielefeld, von daher wird das immer ein Stück weit präsent sein, aber jetzt geht es nicht um Bielefeld, sondern um Rot-Weiss Essen und da werden wir Gas geben.
Wäre es da nicht noch toller gewesen, wenn Sie auch als Jugendspieler hier gewesen wären? Das weiß ich nicht, das ist hypothetisch. Die Dinge sind so gelaufen, vielleicht sollte es auch so sein. Wenn sich dann jetzt nach über 30 Jahren der Kreis schließt und es eine erfolgreiche Geschichte wird, ist alles gut.
Als Fan, wie sehr schmerzt denn die Regionalliga? Klar, schmerzt das, aber es ist zunächst einmal die Realität, mit der wir umgehen müssen. Das ist schon längere Zeit so und im Umfeld herrscht die Sehnsucht nach einem Aufstieg. Wir haben eine gute Basis. Die Aufgabe wird sein, die Dinge im strukturellen und finanziellen Bereich weiterzuentwickeln, schnell alles zu verstehen und beim Sport schauen, wie wir da die Dinge optimieren können, damit wir hier demnächst auch wieder Erfolge feiern können.
Was wünschen Sie sich für die Zeit bei Rot-Weiss? Ich wünsche mir, erst einmal schnell anzukommen. Ich habe einen richtig guten ersten Eindruck vom Team und den handelnden Personen. Es wird eine Menge Arbeit und ich wünsche mir, dass diese Arbeit mir eine Menge Freude bereitet und am Ende des Tages auch Früchte trägt.
Wie sehr kennen Sie denn schon das Umfeld? Mit allen, mit denen ich bisher in den letzten Tagen gesprochen habe, waren es sehr positive und sehr angenehme Gespräche. Ich möchte schnell alle relevanten Personen kennenlernen. Dazu zählen für mich ausdrücklich auch die Fanvertreter und das sogenannte Umfeld. Ich möchte mir schnell ein umfassendes Bild von allen machen können.
Wie würden Sie sich denn selbst beschreiben? Ich bin Familienvater, verheiratet, ein Sohn, sieben Jahre alt. Ich habe beruflich zwölf Jahre bei Arminia Bielefeld verbracht, bin dort durch viele Bereiche gegangen - in den letzten vier Jahren als Geschäftsführer. Ein Stück weit immer auch als Krisenmanager, aber auch in anderen relevaten Bereichen. Im Vertrieb, im Sport, in den strukturellen und finanziellen Themen schnell zuhause gewesen. Das wird auch hier der Ansatz sein. Schnell alle Bereiche durchleuchten, kennenlernen und dann herauszufinden, wo wir die ersten Impulse setzen können.
Wenn die Fans beim Derby gegen RWO in der 13. Minute auf die Tribüne geschaut haben: Welche Reaktion haben Sie da gesehen? Mehr innerlich oder springen Sie jubelnd auf? Ich habe richtig gejubelt. Ich bin nicht derjenige, der beim Fußball da sitzt und einfach nur zuguckt. Ich bin da auch schon recht emotional.
Sind Sie denn mehr Ruhrpottler oder doch eher Westfale? Ich bin in Kamp-Lintfort geboren, aufgewachsen in Rheinberg, fußballgespielt schwerpunktmäßig in Moers. 1990, nach dem Abitur als sogenanntes ZVS-Opfer, hat es mich nach Bielefeld verschlagen und bin seitdem dort wohnhaft. Ich glaube, wenn man Ruhrpottler ist und dort geboren ist, sind das die Gene. Die kann mich nicht ablegen. Von daher ist das noch mindestens ebenso in mir drin, wie der sture Ostwestfale.