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RWE: Derbyzeit
Der lange Weg zur dritten Kraft im Revier

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RWE: Der lange Weg zur dritten Kraft im Revier
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Samstag, 14 Uhr, Derbyzeit an der Essener Hafenstraße. Rot-Weiss Essen trifft auf Rot-Weiß Oberhausen, da konnte auch der Schnee nichts dran ändern.

Im Interview spricht RWE-Präsident Michael Welling über seine alte Liebe St. Pauli, seine neue Liebe Rot-Weiss Essen, über Fans und Visionen und warum man Frauen den Fußball nicht erklären kann.

Wer sein Herz an Rot-Weiss Essen verloren hat, hat längst gelernt, tapfer zu sein. Der lässt sich auch von der Beichte von RWE-Präsident Michael Welling nicht schocken, der sich Jahr für Jahr bei einem anderen Verein eine Dauerkarte kauft. Ein Gespräch mit dem Doktor der Betriebswirtschaft über seine alte Liebe St. Pauli, seine neue Liebe Rot-Weiss Essen, über Fans und Visionen und warum man Frauen den Fußball nicht erklären kann.

Gefunden auf …

Herr Welling, es ist Zeit für eine Beichte. Sie waren Fan des FC St. Pauli!

Michael Welling: Und ich habe immer noch meine Dauerkarte. Stehplatz, Gegengerade. Obwohl ich sie kaum noch nutzen kann.

Wie kommt man als RWE-Chef zu St. Pauli? Welling: St. Pauli war ja zuerst da. Ich komme nicht aus dem Ruhrgebiet, sondern aus dem Emsland. Schwager Gerd hat mich zu St. Pauli gebracht.


Ihr Schwager? Welling: Nein, wir haben ihn nur so genannt. Das war damals der Freund der älteren Schwester meines besten Freundes. Er hat uns mitgenommen zu St. Pauli. Da standen wir Knirpse vom Dorf und dachten: Boah! So kommt man zu seinem Verein. Später bin ich mit dem Totenkopf auf der Jeansjacke durch das erzkatholische Lingen gelaufen. Das fand ich cool, war aber nicht immer einfach.

Und wer nutzt Ihre Dauerkarte? Welling: Der Sohn von Gerd. Die Zeit vergeht.

Am Samstag spielt Ihr Verein RWE gegen den Reviernachbarn RWO. Bevor wir über Essen reden: Was fällt Ihnen zu RWO ein?

Welling: Ich weiß ja, dass das in Essen nicht gerne gehört wird, aber RWO ist Verein, den ich sympathisch finde, vielleicht wegen seiner gebrochenen Geschichte. Hinzu kommt, dass die Leute um Präsident Hajo Sommers komplett gerade geblieben sind. Das finde ich einfach angenehm. Was RWO in den letzten Jahren mit seinen begrenzten Möglichkeiten gerissen hat, ist aller Ehren wert. Dass es zuletzt nach unten gegangen ist, ist traurig.

Was wir schon geklärt haben: Sie kommen nicht aus dem Ruhrgebiet. Man hat Sie sozusagen für RWE eingekauft?

Welling: Sagen wir es so: Der Insolvenzverwalter von RWE hat mich 2010 angesprochen. Man hat vorher wohl ein paar Kriterien aufgeschrieben, die der neue Mann erfüllen soll. So sind die auf mich gekommen. Eins lautete: der Neue soll unvorbelastet sein und von außen kommen. Vielleicht war ich auch nur der einzige, der bekloppt genug war, um das bei RWE machen zu wollen.

Was muss man denn mitbringen, um Präsident von RWE zu werden? Eitelkeit? Masochismus?

Welling: Also einen Schuss Masochismus auf jeden Fall. Eitelkeit? Kennen wir doch alle. Mal im Ernst: Vielleicht war das die Erfüllung eines Jugendtraums. Ich habe mit 15 gemerkt: zum Profi reicht es nicht. Dann ist es schön, dass man beim Fußball bleiben kann. Und Rot-Weiss ist einfach ein geiler Verein. Das habe ich übrigens schon gesagt, als ich noch beim VfL Bochum gearbeitet habe.

Ach…

Welling: Ja klar. Schalke und Dortmund, die sind hier im Revier ganz weit weg. Aber RWE wäre eigentlich der natürliche Wettbewerber des VfL, wenn es um Platz drei geht. Essen ist der Verein, vor dem Bochum Respekt haben müsste. Außerdem fand ich die Geschichte von RWE immer schon faszinierend.

Ist das nicht eine Geschichte vom schlafenden Riesen? Welling: Daran glaubt man, wenn man hier Präsident wird. Aber mein Doktorvater hat einmal gesagt: Wer zu lange von Potenzialen redet, macht etwas falsch. Ein schlafender Riese ist RWE seit den 50er Jahren. Aber Rot-Weiss hat ja noch eine ganz andere Geschichte.

Jetzt sind wir beim Boss? Welling: Natürlich. Helmut Rahn hat Deutschland 1954 zum Weltmeister-Titel geschossen. Also von daher: ohne Helmut Rahn und ohne Rot-Weiss Essen gäbe es vielleicht den Gründungsmythos der Bundesrepublik nicht. Jedenfalls nicht so.

Jetzt greifen Sie aber ganz hoch ins Register… Welling: Also Sie werden mir zumindest das zugestehen: Der Beitrag von Helmut Rahn für den Gründungsmythos der BRD ist größer als der Beitrag von David Hasselhoff zum Fall der Berliner Mauer. Da sind wir uns doch einig, oder?

Lieber „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen“ als „I’ve been looking for freedom“?

Welling: Genau! Aber es geht ja nicht nur um die 50er. Nehmen Sie nur die Essener Stürmer: Mill, Burgsmüller, Lippens. Und in der 4. und 5. Liga zieht RWE immer noch 7000 bis 12000 Leute. Das ist schon bekloppt, das macht Spaß. Das ist das, warum wir Fußball gut finden. Und dann hab ich irgendwann gesagt: Das mach ich jetzt. Vielleicht war ich da ein bisschen naiv.

Wie oft haben Sie Ihren Entschluss bereut? Welling: Bereut ist das falsche Wort, bereut habe ich das nie. Es ist eher so, dass man mal Tage und Momente hat, in denen man denkt, das ist jetzt gerade ne ziemliche Scheiße hier.

Bei dieser Gelegenheit: Müssen wir das Gespräch eigentlich autorisieren lassen?

Welling: Weil ich das gerade so formuliert habe? Von mir aus können Sie mich genau so zitieren, da bin ich sehr entspannt. Ich komme vielleicht nicht aus dem Ruhrgebiet, aber ich habe längst gelernt: Hier nennt man die Dinge beim Namen.

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