Es herrschte sehr verhaltene Freude im Georg-Melches-Stadion. Gegen 16.50 Uhr hatte Rot-Weiss Essen seine ersten drei Regionalliga-Punkte eingefahren und gegen neun auf dem Feld verbliebene Mainzer einen knappen und schwer umkämpften 2:1-Sieg eingefahren. Gute Gründe, sich, das Team und die Rückkehr in die Regionalliga zu feiern.
Doch die Euphorie der 6625 Zuschauer war verhalten. Vielleicht haben beinahe zu viele spektakuläre Siege die Wahrnehmung verschoben. So reichte bereits die Erkenntnis, dass die spielstarke Mainzer Mannschaft für ihren druckvollen Schlussspurt einen Zähler verdient hätte, um die Stimmung spürbar einzudampfen. Im Besonderen zeigte die Schlussphase auf, woran Waldemar Wrobel mit seinem Team noch zu arbeiten hat – und dass die Anforderungen in der Regionalliga eben ungleich höher sind als eine Klasse tiefer.
Zumindest sah sich Wrobel vollauf bestätigt. Dem vorab entworfenen Bild einer gut ausgebildeten und spielstarken Mannschaft entsprachen die Mainzer haargenau. Immerhin aber wussten die Essener das Glück auf ihrer Seite. Nach einer Balleroberung von Lukas Lenz bediente der agile Holger Lemke den mitgelaufenen Benedikt Koep, der den Ball nur noch über die Linie schubsen musste (11.). Das 1:0 sollte bis zur Halbzeit Bestand haben, weil zumindest die Innenverteidigung die Kombinationen der Mainzer rechtzeitig zu unterbinden wusste und Dennis Lamczyk die brenzligsten Situationen entschärfte. Vor allem in der Zentrale machte sich das Fehlen von Suat Tokat und Timo Brauer, der kurzfristig mit Kniebeschwerden ebenfalls passen musste, aber zu bemerken. Die Klasse und Kampfkraft des Herzstücks im Essener Mittelfeld fehlte an diesem Nachmittag.
Ob es die Rot-Weissen mit den beiden zentralen Mittelfeldspielern verstanden hätten, den Gästen früher den Zahn zu ziehen, ist eine müßige Überlegung. Die Option, frühzeitig Spielkontrolle zu gewinnen, lieferten die Gäste zumindest auf dem Silbertablett. Ausgerechnet Peter Perchtold, Kapitän, Leader und Routinier, beging eine Tätlichkeit an Vincent Wagner und flog vom Platz (38.). „Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, aber das darf ihm natürlich nicht passieren“, urteilte Mainz-Coach Martin Schmidt reflexartig. Dabei bekam die Hinausstellung den Gästen gar nicht mal schlecht. Zwar stellte Wrobel fest: „In der zweiten Halbzeit hatten wir mehr Spielanteile“, das 2:0 resultierte aber erneut aus einer Verkettung glücklicher Umstände. Der Freistoß selbst: fragwürdig. Der Treffer von Kevin Grund (68.): abgefälscht.
Doch selbst von diesem Rückschlag ließen sich die kämpferischen Rheinhessen nicht beeindrucken. Erik Durm ließ Maik Rodenberg aussteigen und überlupfte Lamczyk zum 1:2 (73.). Das Zeichen für eine Schlussoffensive, die RWE gerade in den letzten Minuten nur noch mit Befreiungsschlägen zu beantworten wusste und sich als glücklicher Sieger aus dem ersten Regionalliga-Arbeitstag verabschiedete. „Mit den drei Punkten haben wir uns gut etabliert“, befand Wrobel. „Aber wir haben sehr glücklich gewonnen.“ Und darüber darf man doch gerade als Liganeuling auch glücklich sein.