Peter Schäfer sitzt beim TC Freisenbruch fest im Sattel. 96,77 Prozent der rund 600 Online-Manager, die derzeit nahezu alle Entscheidungen bei dem Essener Fußball-Kreisligisten treffen, sind nach einer Hinrunde ohne Heimniederlage und Platz sechs in der Winterpause mit ihrem Trainer zufrieden.
Das gilt auch für den Bierpreis im Waldstadion Bergmannsbusch von 1,80 Euro für 0,33 Liter Pils, nachdem dieser im Sommer um 30 Cent erhöht wurde. "Bei uns werden alle Entscheidungen online getroffen", sagt Geschäftsführer Gerrit Kremer dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Wer spielt? Ist der Trainer sicher im Amt? Was geschieht mit den Einnahmen? Welcher Spieler wird verpflichtet? Wie hoch sind die Eintrittspreise? Die komplette Infrastruktur des Amateurklubs wird von den sogenannten Teammanagern verwaltet, die sich für einen Monatsbeitrag von fünf Euro wie Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic oder BVB-Boss Hans-Joachim Watzke fühlen dürfen.
Dieses bemerkenswerte Modell hat nun auch die Aufmerksamkeit des chinesischen Marktes geweckt. Vom 16. bis 19. Januar präsentiert sich der Verein auf der ISPO Beijing in Chinas Hauptstadt mit einem eigenen Stand. Die Messe in Peking ist ein Ableger der ISPO München, der größten Sportmesse der Welt.
"Die ISPO widmet sich zunehmend auch digitalen Themen, deshalb haben wir als erster voll digitalisierter Fußballverein eine Anfrage aus München bekommen, ob wir mit nach Peking kommen wollen. Das kam zwar etwas überraschend, aber wir haben keine Sekunde gezögert, diese ungewöhnliche Chance zu ergreifen. Der asiatische Markt ist unser Zukunftsmarkt", sagte Kremer.
Im Reich der Mitte erhofft sich der Klubvorstand nicht nur viele neue Mitglieder für seine Internet-Community, sondern auch den ein oder anderen Werbepartner: "Wenn 10.000 Chinesen dazu kämen und die ein oder andere Partnerschaft entsteht, wäre das eine tolle Sache."
Im vergangenen Jahr war Freisenbruch bereits der größten chinesischen Fußball-App Allfootball einen Bericht wert. Anschließend versuchten zahlreiche Chinesen, sich beim TCF als Online-Teammanager zu registrieren. Da es in China aber weder Facebook noch PayPal gibt, war dies nicht möglich. Dennoch hat es eine Handvoll Chinesen geschafft, beizutreten, indem ein chinesischer Student in Deutschland die Registrierung für sie übernahm.
"Uns haben seitdem alle Leute, die sich in China und dem chinesischen Markt auskennen gesagt, dass gerade die Chinesen auf solche Projekte abfahren, wie wir es bei uns praktizieren. Auf dem China-Forum der NRW-Bank in Duisburg haben wir uns einen ersten Eindruck verschafft. China ist in allen Belangen im wahrsten Sinne des Wortes eine andere Welt", so Schäfer.
Beirat und Projektentwickler Peter Wingen glaubt an den Erfolg des Klubs: "Es liegt schon sehr viel Arbeit hinter uns und noch viel mehr vor uns. Dieses Mal sind wir auf einen Ansturm chinesischer Interessenten besser vorbereitet." Vor Ort in Peking werden Kremer, Wingen und Coach Schäfer den Achtligisten aus dem Ruhrgebiet vertreten, der als voll digitalisierter Fußball-Klub Geschichte schreiben will. sid