Das war ein Auftakt nach Maß! Nach dem 4:0-Erfolg gegen Norwegen im ersten Gruppenspiel der Europameisterschaft, schlug das Team von Bundestrainerin Silvia Neid die Französinnen mit 5:1. Einen besonderen Anteil leisteten die Nationalspielerinnen vom FCR 2001 Duisburg. Linda Bresonik erzielte gegen Frankreich bereits ihr zweites Turniertor, wurde zudem als „Player of the match“ geehrt und auch Inka Grings bewies im zweiten Gruppenspiel ihren gewohnten Torriecher, so dass der „Fußballerin des Jahres“ das Nacktbaden im Pyhäjärvi-See erspart blieb. Simone Laudehr hat ihre Innenbandzerrung auskuriert und konnte sich bei ihrem Comeback ebenso in die Torschützinnenliste eintragen.
Das Traumtor blieb allerdings Annike Krahn vorbehalten. Die Innenverteidigerin traf aus gut 25 Metern mit einem Kunstschuss. Die Torhüterin der Französinnen, Sarah Bouhaddi, konnte nur noch zusehen, wie sich der Ball unter die Latte senkte. RevierSport sprach mit der gebürtigen Bochumerin über die unglaubliche Quote der „Löwinnen“, den erfolgreichen Turnierstart, über das Gastgeberland Finnland und das Wunschfinale.
Glückwunsch zu den ersten beiden Siegen und auch zu Ihrem Tor gegen Frankreich. In der Vorbereitung waren Sie noch etwas selbstkritisch. Würden Sie nun sagen, dass Sie auf den Punkt genau wieder Ihr volles Leistungsniveau erreicht haben?
Schön ist es natürlich, dass ich zum Turnierstart fit bin. Ich denke schon, dass ich ein ordentliches Leistungsniveau erreicht habe. Aber es gibt immer noch Steigerungspotenzial.
Steigerungspotenzial - Sie sprechen es an. Was gilt es noch zu verbessern, zum einen bei Ihnen und zum anderen auch bei der Mannschaft?
Generell hatten wir noch ein paar Stellungsfehler im Spiel, da haben die Absprachen nicht richtig funktioniert. Aber wir haben erst ein Gegentor bekommen, was für die Abwehr und die Mannschaft spricht. Im Spiel nach vorne gibt es bei mir sicherlich noch Steigerungspotenzial und auch im Passspiel.
Die "Löwinnen" unter sich (V.l.n.r.): Torhüterin Ursula Holl, Simone Laudehr, Trainerin Martina Voss, Linda Bresonik und Annike Krahn. Es fehlt Inka Grings (RS-Foto: mmb).
Gegen Frankreich haben sämtliche Spielerinnen vom FCR Duisburg – mit Ausnahme von der Torhüterin Ursula Holl - getroffen. Das ist eine beachtliche Quote. Gab es irgendwelche Reaktionen im Team oder ein Sonderlob von der Bundestrainerin Silvia Neid?
Für Duisburg ist es natürlich schön, dass so viele ein Tor gemacht haben, aber das spielt hier keine Rolle. Wir sind hier mit der Nationalmannschaft und da ist es egal, aus welchem Verein die Spielerinnen kommen. Für so ein Verein wie Duisburg ist es natürlich immer gut, wenn die so viele Nationalspielerinnen abstellen, die dann auch noch spielen und das Tor treffen, aber insgesamt denke ich, dass jede Spielerin versucht, bei der Europameisterschaft ihr Bestes für Deutschland zu geben.
Hat es Sie persönlich überrascht, dass die Siege gegen Norwegen und Frankreich, die vor dem Turnierstart immerhin zu den Mitfavoriten gezählt wurden, letztendlich – vor allem in der Höhe der Ergebnisse - deutlich ausgefallen sind?
Sicher war das überraschend. Wobei es gegen Norwegen ziemlich lange gedauert hat, bis wir die Tore erzielt haben. Dafür haben wir aber in der ersten Partie taktisch sehr gut gespielt. Allerdings haben wir die Chancen noch nicht so genutzt. Gegen Frankreich haben wir sie genutzt, aber vielleicht das ein oder andere noch nicht so gemacht, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir gucken jetzt von Spiel zu Spiel und versuchen uns immer wieder zu verbessern und aus den Fehlern der vorherigen Spiele zu lernen.
Verfolgen Sie auch die anderen Spiele?
Ja natürlich. Immer wenn wir Zeit haben, schauen wir uns die anderen Spiele im Fernsehen an.
Was waren für Sie zum jetzigen Zeitpunkt die Überraschungen?
Mit dem FCR gewann Annike Krahn in diesem Jahr den DFB-Pokal und den UEFA Women`s Cup (RS-Foto: mmb).
Ich denke, Finnland hat in der Gruppe A positiv überrascht. Die Gastgeberinnen haben ja auch schon das Viertelfinale perfekt gemacht. Ansonsten ist auch Schweden sehr stark. Aber auch England gegen Russland am Freitag war ein temporeiches Spiel.
Und wie macht sich Finnland als Gastgeber?
Gut. Die Leute sind freundlich. Man merkt, dass die Finnen gut auf das Turnier vorbereitet sind. Ein paar mehr Zuschauer könnten es in den Stadien vielleicht sein. Man muss aber bedenken, dass Finnland gerade mal fünf Millionen Einwohner hat. Da muss man bei so einem kleinen Land auch Abstriche machen. Allerdings muss ich auch sagen, dass wir in dieser Hinsicht relativ verwöhnt sind.
Die Stimmung bei den Spielen ist dennoch gut?
Auf jeden Fall. Es sind auch ein paar deutsche Fans vor Ort.
Ist aus Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis auch jemand mitgekommen?
Nein, das nicht.
Bleibt zwischen den Spielen und den Trainingseinheiten auch noch ein bisschen Zeit, das Land kennen zu lernen?
Wir haben direkt vor unserer Hoteltür einen See. Man guckt sich die Umgebung schon etwas an, aber letztlich sind wir hier, um ein Turnier zu spielen und nicht um Sightseeing zu machen. Natürlich nimmt man das auch mal gerne mit zwischendurch, aber das ist nicht das Hauptinteresse.
Sie sind jetzt seit 2005 in der Nationalmannschaft, was hat sich seitdem alles geändert. Ein Aspekt ist sicherlich die zunehmende Professionalisierung.
Ja, das ist der Hauptaspekt. Seitdem ich dabei bin, hat sich der Betreuerstab vergrößert, um die Bedingungen noch professioneller zu gestalten. Und das Gesicht der Mannschaft hat sich natürlich geändert. Es gibt Spielerinnen, die aufhören oder neu dazukommen. Es ist immer wieder eine neue Erfahrung.
Abschließende Frage, wie lautet Ihr Wunschfinale für den 10. September?
Erst einmal ist es unser Ziel, dahin zu kommen. Attraktiv wäre ein Endspiel gegen Schweden, aber auf die könnten wir auch schon im Halbfinale treffen.