Wenn es nach den deutschen Fußballerinnen geht, dann wird im Anschluss an das zweite EM-Gruppenspiel am heutigen Donnerstag im finnischen Tampere gegen Frankreich (16.30 Uhr MESZ/live in der ARD und bei Eurosport) nur auf einer Etage des Teamhotels Scandic Rosendahl gefeiert. Schließlich können die im dritten Stockwerk untergebrachten Titelverteidigerinnen mit einem Sieg gegen die im zweiten Geschoss residierenden Mitbewohnerinnen vorzeitig den Viertelfinal-Einzug und höchstwahrscheinlich sogar den Sieg in der Gruppe B perfekt machen.
Allerdings muss die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vor den eventuellen Flur-Feierlichkeiten ihre volle Konzentration auf die Begegnung mit der Equipe Tricolore richten - so lautet jedenfalls die Ansage von DFB-Trainerin Silvia Neid. Denn obwohl die Deutschen beim 4:0-Auftaktsieg gegen Norwegen eine starke Leistung zeigten und die Französinnen im Gegensatz dazu beim 3:1 über Island keine berauschende Vorstellung geboten haben, ist nach Ansicht der Trainerin Vorsicht geboten.
"Frankreich ist nach wie vor ein Mitfavorit für mich. Die Französinnen spielen ganz anders als Norwegen. Sie sind spielstark, kombinationssicher, gewitzt, leichtfüßig, und sie denken offensiv", sagte Neid, die ihre Schützlinge vor Nachlässigkeiten warnte: "Wir dürfen den Französinnen keinen Raum lassen, sonst spielen sie uns aus." Doch nicht nur über den Gegner, der in bisher acht Spielen gegen den zweimaligen Welt- sowie sechsmaligen Europameister erst zweimal gewinnen konnte und sechs Niederlagen kassierte, muss sich Neid den Kopf zerbrechen. Auch mit der eigenen Mannschaft ist die 45-Jährige schwer beschäftigt, denn sie hat im personellen Bereich die Qual der Wahl.
Zwar konnte die Startelf gegen Norwegen überzeugen, doch auch die eingewechselten Fatmire Bajramaj (zwei Treffer), Anja Mittag (ein Treffer) sowie Celia Okoyino da Mbabi konnten überzeugen und drängen in die Mannschaft. Zudem ist Mittelfeldspielerin Simone Laudehr, die vor der EM gesetzt war, nach einer überstandenen Innenbandzerrung wieder fit und "heiß auf einen Einsatz". "Dieselben elf Spielerinnen, die gegen Norwegen angefangen haben, könnten wieder auflaufen. Nach dem anstrengenden Spiel könnte man aber auch darüber nachdenken, einigen Spielerinnen eine Pause zu gönnen. Man muss sich überlegen, wie man es macht", sagte Neid, die mit ihrem Team zum Zweck der Rasen-Schonung das Abschlusstraining am Mittwoch erneut nicht im Stadion absolvieren durfte, im Hinblick auf ihr Luxusproblem.
Sollte sich Neid dafür entscheiden, gegen Frankreich auf ihre Startelf vom Auftaktspiel zu vertrauen, bleibt den Reservistinnen dennoch ein Hoffnungsschimmer. Sie könnten bei einem Sieg gegen Frankreich im dann für das DFB-Team wahrscheinlich bedeutungslosen letzten Gruppenspiel am Montag gegen Island (15.00 Uhr MESZ/live im ZDF und bei Eurosport) ihre Chance von Beginn an bekommen.
Ohne Bedeutung wäre diese Partie für die Deutschen, wenn sie drei Punkte gegen Frankreich einfahren und anschließend Island nicht gegen Norwegen gewinnt. Dann wäre dem Titelverteidiger der Gruppensieg bereits nach zwei Spielen nicht mehr zu nehmen.