Sie hatten sich lange rar gemacht. Uschi Baak, einst Finanzvorstand beim FCR 2001 Duisburg während der erfolgreichen Zeiten des inzwischen in der Insolvenz verschwundenen Frauenfußballvereins, und ihr Ehemann Knut, seinerzeit Aufsichtsratsvorsitzender, gehörten am Sonntag zu den Zaungästen, als die MSV-Kickerinnen ihr erstes Training in der Vorbereitung auf die kommende Bundesligasaison absolvierten.
Und nicht nur das: Beide haben sich – zusammen mit vielen anderen Fans und Freunden der Mannschaft – auch aktiv daran beteiligt, das alte FCR-Vereinsheim auf der Platzanlage an der Mündelheimer Straße herzurichten und wieder zu einem echten Mittelpunkt des Klubgeschehens zu machen. Den Anstoß dazu hat einer gegeben, dessen Name noch vor wenigen Monaten nur Insidern bei den Zebras etwas sagte: Christian Franz-Pohlmann, der Nachfolger der nach drei Jahren aus dem Amt geschiedenen Trainerin Inka Grings.
Der 36-Jährige sitzt mit einem zufriedenen Lächeln auf einer Bank vor dem Klubheim. „Wir haben neue Möbel drin, es wurden neue Büroräume eingebaut. Das ist alles in den vergangenen zwei Wochen passiert. Es zeigt, dass der Verein noch immer viel Leben in sich trägt, auch wenn es vielleicht gegenüber der Vergangenheit nachgelassen hat“, sagt Franz-Pohlmann.
Es zeigt auch, dass der neue Mann an der Seitenlinie offenbar mehr will, als nur taktische Anweisungen zu geben. In seinen Worten schwingt das Wissen darum mit, beim MSV auch so etwas wie ein Vermächtnis zu übernehmen. „Das Anspruchsdenken hier in Duisburg ist sehr hoch, was den Frauenfußball angeht“, weiß er. Überstürzen kann und will er nichts, das wäre beim Tabellenzehnten der Vorsaison auch utopisch: „Aber wir wollen das Schiff weiter in die richtige Richtung lenken.“
Das bedeutet für ihn, in Schritten zu denken. Schritt eins: der Klassenerhalt in der neuen Spielzeit. „Das ist das Basisziel. Es wird fünf Mannschaften geben, die die zwei Absteiger unter sich ausmachen – und wir wollen zwei hinter uns lassen“, so Franz-Pohlmann. Die Namen nennt er nicht, aber neben seinem eigenen Team dürften naturgemäß die beiden Neulinge Werder Bremen und 1. FC Köln sowie die TSG 1899 Hoffenheim und sein Ex-Klub, der USV Jena, gemeint sein. Vor der vermeintlich einfachsten Lösung als Annahme, dem direkten Wiederabstieg von Bremen und Köln, wie es schon vor zwei Jahren der Fall war, warnt er: „Werder hat eine sehr erfahrene Truppe. Und Köln hat sich mit Amber Hearn und Sylvia Arnold aus Jena enorm verstärkt. Die dürfen wir nicht unterschätzen.“
Martini als Königstransfer Die Personalfluktuation in Duisburg war im Sommer enorm, nicht nur auf der Trainerbank, wo neben Franz-Pohlmann sein schon aus gemeinsamen Gütersloher Zeiten vertrauter Assistent Robert Augustin sowie der nun für die Keeperinnen zuständige Marc Ernzer sitzen werden. Elf Spielerinnen haben den Verein verlassen, darunter Stammkräfte wie Zsófia Rácz, Lee Falkon, Lara Heß und Alice Hellfeier. Mit Linda Bresonik und Rahel Kiwic sind die Kapitänin und ihre Stellvertreterin ebenfalls abgewandert. Auf der Gegenseite stehen sieben Neuverpflichtungen, die sich größtenteils noch einen Namen machen müssen. Herausragende Verpflichtungen dürften die niederländische Nationalspielerin Eshly Bakker (FC Twente) für die Offensive und die nach acht Jahren von der SGS Essen nach Duisburg zurückkehrende Vanessa Martini für die Defensive sein.
Ob die 27-Jährige, die in ganz jungen Jahren beim FCR ihre ersten Bundesliga-Sporen sammelte, so etwas wie ein Königstransfer ist? Christian Franz-Pohlmann kann das nicht von der Hand weisen: „Ich weiß, was sie für Leistungen in der Vergangenheit abgeliefert hat und wie ihre Einstellung zum Fußball ist. Sie passt nicht nur sportlich sehr gut in die Mannschaft, sondern ist auch charakterlich eine Riesenspielerin.“ Den naheliegenden Gedanken weist der Coach gleich zurück: „Nein, sie ist nicht der Ersatz für Linda Bresonik.“ Den Kontakt zu Martini hatte Franz-Pohlmann schon lange vor dem in der vergangenen Woche fix gewordenen Abschied der Ex-Nationalspielerin hergestellt.
Gleichwohl könnte Vanessa Martini eine Kandidatin für das durch Bresoniks Abgang vakant gewordene Amt der Kapitänin sein. Da hat sich der neue Sportchef – kurz nach Trainingsbeginn wenig verwunderlich – noch nicht festgelegt: „Sie muss das Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer sein, meine erste Ansprechpartnerin. Es sollte jemand sein, der den Verein und die Strukturen kennt.“ Das könnte dann auch Virginia Kirchberger sein: Die Österreicherin trug die Binde schon, als sie in der Saison 2014/15 erstmals für den MSV spielte.