Feuerrot leuchtende Ränge, Rauchschwaden, die jedes Derby ob in der Oberliga oder Champions League würzen. Es gibt wohl nur wenige, die glaubhaft versichern können, dass sie dieser Anblick kalt lässt. Seit die Pyros in den Siebziger Jahren aus Italien ihren Weg in die Fußballstadien Europas fanden, ist für viele das Spiel mit dem Feuer geradezu ein wesentliches Merkmal von Fankultur überhaupt. „Fußball muss brennen“, formulieren Fan-Philosophen ihren Grundsatz. In der Schweiz gründete sich gar eine Fan-Initiative „Pro Pyro“.
Doch es ist ein verbotenes Spiel. In deutschen Stadienordnungen ist Pyro-Technik grundsätzlich untersagt. Wer erwischt wird, dem droht Stadionverbot. Schon Ersttäter müssen bis zu zwei Jahre draußen bleiben. Die Gegner wissen gewichtige Argumente auf ihrer Seite: Das Gesundheitsrisiko für die anderen Fans, für Spieler und Verantwortliche im Stadion. Denn mit unkontrolliert abgebrannten „Bengalos“ in Kontakt zu geraten, kann unangenehm sein. Geschädigte berichten von Verbrennungen und Rauchvergiftungen. Der giftige Rauch beeinträchtigt häufig Tausende von Umstehenden.
Vorsicht heiß: Leuchtraketen auf dem Spielfeld bei der Partie 1.FC Köln - Borussia Mönchengladbach.
Eine spezielle Gefahr ergibt sich, wenn das Leucht-Feuerwerk als „Waffe“ eingesetzt wird, also auf das Spielfeld oder in gegnerische Fanblöcke fliegt. KSC-Bundeslia-Profi Christian Eichner sorgte hierbei jüngst für ein Novum: Nach den Ausschreitungen im Derby gegen Stuttgart verklagte er den Fan, der eine Rakete in seine Richtung abgeschossen hatte, wegen versuchter Körperverletzung.
Scheinbar ist es ein Leichtes, trotz des Verbots Sprengkörper ins Stadion zu bekommen. Strengere Einlasskontrollen? Logistisch nicht machbar, rufen die Befürworter wie Gegner im Gleichklang. Denn gerade angesichts des immer stärker zersplitterten Spielplans ist den Zuschauern eine Anreise mehrere Stunden vor Spielbeginn nicht zuzumuten. Zumal die Mehrheit der Partien in deutschen Fußball-Ligen ohne den Einsatz von Pyro-Technik auskommt. Der Kontroll-Aufwand stünde so in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr.
Daher muss die Frage stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, wer bengalische Fackeln, Rauchbomben oder Böller im Stadion benutzt. Denn häufig sind es Minderjährige oder Personen ohne jegliche Erfahrungen, die sich einen Spaß aus Feuer und Rauch machen. Und, so klar muss man es sagen: Diese Leuchtfackeln in den Händen von „Idioten“, ohne Rücksicht auf die Gesundheit ihrer Nebenleute, stellen eine Gefahr dar. Nicht umsonst gibt es den anerkannten Ausbildungsberuf des „Pyrotechnikers“, der Wissen über chemische Wirkungen und gesetzliche Regelungen erfordert.
Sich Pyro-Artikel zu besorgen, ist kein großes Problem. In diversen Online-Shops gibt es einen Satz bengalische Fackeln schon ab knapp vier Euro. Wie Altersbeschränkungen umgangen werden können, wissen diejenigen, die es darauf anlegen, nur zu gut.
Wie lässt sich diese Diskrepanz zwischen Verehrung und Gefahr lösen? Die Gesetze und Verordnungen sprechen eine klare Sprache, greifen aber offenbar nicht den Kern des Problems. Eine häufig diskutierte und sinnvoll erscheinende Möglichkeit ist das kontrollierte Abbrennen von Pyros. Den „Ultras“ von UEFA-Cup-Halbfinalist Zenit St. Petersburg ist das Spiel mit dem Feuer daher in einem gewissen Rahmen erlaubt. Erfahrene Feuerwerker, die vor oder mit ausreichend Platz auf den Rängen die stimmungsvollen Lichteffekte erzeugen – dies hätte zwar nicht mehr den „anarchischen Reiz“ den viele Fans an Pyros so schätzen. Es könnte aber helfen, die Lücke zwischen dem optischen Reiz und der gesundheitlichen Gefahr zu schließen.