Mit der BFV-Studie, die insgesamt gut 12000 Partien untersuchte, verhält es sich wie mit jeder anderen Statistik auch – sie muss hinterfragt werden. Da ist zunächst die Methode der Berechung, die alle Zuschauer im Herren-, Damen- und Jugendfußball erfasst und zudem die Aktiven mit einbezieht. Hinzu kommt, dass Deutschlands größter Landesverband verschweigt, zu welchem Zweck er die Zuschauer zählte. „Der Amateurfußball lebt“, ist die Statistik betitelt, er bewege wöchentlich doppelt so viele Zuschauer wie der Profisport. „Aber die Frage ist doch, was man mit dieser Studie anfangen möchte“, sagt Thomas Berndsen vom Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW), der bei Mitgliederzahlen und Vereinsdichte gleich auf den BFV folgt.
Eine vergleichbare Erhebung sei in Westfalen schon aus personellen Gründen nicht machbar. Bei knapp 2000 Mannschaften, die an jedem Wochenende im Einsatz sind, kann man allerdings ähnliche Zahlen erwarten. Dennoch: Zuschauer spielen in der öffentlichen Wahrnehmung des Amateurfußballs eigentlich nur dann eine Rolle, wenn es mal wieder Ausschreitungen gab. Ob sich am Rande eines Ascheplatzes 50 oder 200 Zuschauer verirren, interessiert selbst den Kassenwart nur am Rande. „Ich denke nicht, dass es eine Einnahmequelle ist, mit der die Vereine planen können“, meint Berndsen. Selbst in den Oberligen sind zuschauerreiche Clubs wie Preußen Münster die Ausnahme. Ausgeprägte Fanszenen sind nur selten zu finden. Doch es gibt sie.
Ein Beispiel ist der ASC 09 Dortmund, Spitzenreiter der Landesliga 3. Rund 600 Zuschauer besuchten selbst zu Bezirksliga-Zeiten im Schnitt das Waldstadion im Stattteil Aplerbeck. Die Dortmunder Lokalduelle in der Hinrunde sahen bis zu 1500 Fans. „Darauf kann man keinen Etat aufbauen. Aber es leistet zumindest einen erheblichen Beitrag“, sagt ASC-Geschäftsführer Wolfgang Weber. Der Traditionsclub könne sich schon seit Jahrzehnten auf seine Basis verlassen. „Hinzu kommt der aktuelle sportliche Erfolg.“
Gute Ergebnisse sind ohnehin die wirksamste Methode, um Zuschauer anzulocken. Dies spürt der VfK Weddinghofen, als Tabellenführer heißester Aufstiegskandidat in der Bezirksliga 8, seit einigen Jahren. „Durch den Erfolg haben die Zuschauerzahlen zugenommen“, berichtet Abteilungsleiter Heiko Meiselbach. Etwa 300 Besucher kommen zu den interessanten Begegnungen. „Damit können wir immerhin die Schiedsrichterkosten decken“, berichtet Meiselbach.
Für Wolfgang Weber haben die Vereine aber zu einem gewissen Teil ihr Glück selbst in der Hand. „Die Leute kommen dort hin, wo etwa los ist“, meint der Aplerbecker. Deshalb sei es die Aufgabe der Clubs, Spieltage oder Turniere entsprechend zu gestalten. So veranstaltet der ASC Jahr für Jahr im Sommer den gut besuchten „Hecker-Cup“, der nach Webers Aussage auch viele Nicht-Fußballfans anlockt.
In der Summe ist Amateurfußball auch in NRW ein Millionenvergnügen. Eine Erkenntnis, die die Dominanz des Spitzensports nicht einzuschränken vermag. „Solche Zahlen könnten ein Argument bei der Diskussion über Sonntagsspiele sein“, meint Wolfgang Weber. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Zuschauerzahlen zwischen Kreis- und Oberliga weiterhin ein Randthema bleiben.