Vor der Saison haben viele Drittliga-Experten den FC Viktoria Köln neben Klubs wie dem SC Verl und den Aufsteigern wie Energie Cottbus oder Hannover 96 II zu den Mannschaften gezählt, die stark abstiegsgefährdet sein werden. Denkste!
Zumindest im Fall der Cottbuser und Kölner ist diese Prognose nicht eingetreten. Die Viktoria spielt eine richtige starke Serie und blickt nach acht Spielen auf satte 15 Zähler zurück. Nun geht es zu Rot-Weiss Essen.
RWE wurde wiederum von den Experten höher als die Viktoria eingestuft. Essen liegt aber aktuell bei acht Punkten und steht gegen die Kölner schon unter Druck. Das weiß auch Stephan Küsters.
RevierSport hat mit Küsters, der einen Tag nach dem Auftritt im Stadion Essen, seinen 53. Geburtstag feiert, gesprochen.
Stephan Küsters, reist die Viktoria nun als Favorit nach Essen?
Definitiv reisen wir nicht als Favorit zu RWE! Das ist doch klar. Rot-Weiss hat ganz andere finanzielle Möglichkeiten als wir. Aber wir können mit der Situation zufrieden sein. 15 Punkte sind hart erarbeitet und verdient geholt worden. Auch beim 2:1-Sieg gegen Verl haben wir eine große Mentalität gezeigt und das bis tief in die Nachspielzeit. Wenn man sich so engagiert, dann wird man im Leben und auch im Sport sehr oft belohnt. Wenn man aber nachlässt, wie wir in Aachen, dann wird man auch nichts holen.
Sie kennen mit Sicherheit auch die Meinungen der Experten, die die Viktoria vor der Saison eher im Abstiegskampf sahen. Was haben Sie diesen Experten nun zu sagen?
(lacht) Ach, ich nehme das alles mit Humor. Über Fußball quatscht man nun mal gerne. Und Experten müssen ihre Meinungen sagen. Alles gut. Ich finde es nur manchmal aus der Entfernung sehr schwer zu beurteilen, einen Kader, eine Mannschaft oder gar einen Verein in diese oder andere diese Ecke zu stellen. Ich mache das nicht, weil ich bei anderen Klubs einfach nicht nah genug dran bin. Ich werde aber auch nicht für meine Experten-Meinung in der Zeitung oder im Fernsehen bezahlt. Die Jungs müssen auch eine Meinung vertreten, damit sich die Schlagzeilen verkaufen.
Die Hafenstraße ist von der Stimmung mit das Beste im Ruhrgebiet. Und da haben die Essener Fans ja ordentliche Konkurrenz. Die Fans geben immer Vollgas, die Stimmung ist meines Erachtens nach immer gut und diese sportliche Aggressivität auf den Tribünen mag ich auch. Auch wenn viele RWE-Fans den Küsters nicht mögen - ich mag die Leute an der Hafenstraße und freue mich auf sie (lacht).
Stephan Küsters
Was beeindruckt Sie besonders an der Viktoria-Mannschaft?
Dass die Jungs eine echte Einheit, eine echte Mannschaft sind! Und das hat das Trainerteam um Olaf Janßen im Eiltempo geschafft. Das finde ich beeindruckend. Wir hatten einen großen Umbruch, haben uns aber schnell gefunden. Das ist ein Verdienst des Staffs. Aber auch die Spieler, da haben wir genau auf den Charakter geschaut. Jetzt zahlen die Jungs unser in sie gesetztes Vertrauen mit viel Leidenschaft und guten Leistungen zurück. Das freut mich sehr.
Wie beurteilen Sie denn den kommenden Gegner Rot-Weiss Essen?
Wie gesagt: Ich bin kein Fan davon andere Mannschaften zu beurteilen. Aber bei RWE liegt es ja auf der Hand: Sie haben mit Cedric Harenbrock, Vinko Sapina, Isaiah Young und Marvin Obuz ihr komplettes Mittelfeld verloren. Und: Mit Felix Götze haben sie auch den Abwehrchef verloren. Das alles muss man erst ersetzt bekommen. Das braucht Zeit. RWE hat einen guten Kader, aber sie haben auch mehr Druck als wir. Bei uns ist im Umfeld alles ruhiger. In Essen gucken mehr Leute hin und da gehen auch mehr Menschen hin. Ich glaube aber schon, dass Christoph Dabrowski diese Situation wieder meistern kann. Er ist schon ein guter Trainer für RWE.
Mit Michael Schultz ist Viktorias Abwehrchef nach Essen gegangen. Dieser Abgang tat Ihnen schon weh, oder?
Definitiv! "Schulle" ist ein richtig guter Innenverteidiger und feiner Kerl. Aber wir konnten ihn nicht mehr von unserem Weg überzeugen. Er wollte etwas anderes machen. Ich bin dann der Letzte, der einem Spieler, der etwas Neues versuchen will, Steine in den Weg legt. Ich freue mich auf das Wiedersehen mit "Schulle".
Thema Hafenstraße. Ist das für Sie immer noch ein besonderer Ort? Immerhin wird mittlerweile über die Stimmung etwas - sagen wir mal auf hohem Niveau -gemeckert. Und es gibt in der 3. Liga auch andere wuchtige Stadien.
Ich sage es mal so: Wenn man, wie ich aus Duisburg, aus dem Ruhrgebiet kommt, dann wird diese Essener Hafenstraße immer etwas Besonderes bleiben. Sie war, ist und bleibt ein Spektakel für Fußballer. Die Hafenstraße ist von der Stimmung mit das Beste im Ruhrgebiet. Und da haben die Essener Fans ja ordentliche Konkurrenz. Die Fans geben immer Vollgas, die Stimmung ist meines Erachtens nach immer gut und diese sportliche Aggressivität auf den Tribünen mag ich auch. Auch wenn viele RWE-Fans den Küsters nicht mögen - ich mag die Leute an der Hafenstraße und freue mich auf sie (lacht).