Als der vierte Unparteiische Frederick Assmut aus Köln die Tafel mit der Nachspielzeit von drei Minuten in die Höhe streckte, da schnellte der Pulsschlag der VfL-Gemeinde in wohl schon gesundheitsschädliche Höhen. Bis dato hatte der VfL, der nach der 65. Minute nur noch mit zehn Spielern auskommen musste (Gelb-rot für Ono) sich in die Bälle geworfen, das Letzte aus dem Körper herausgeholt und auch das Glück des Tüchtigen in Anspruch genommen. Dennoch wackelte das 1:1 (0:0) aus Bochumer Sicht gewaltig. Doch in der vierten Nachspielminute (Warum eigentlich?) rettete Andreas Luthe mit einem phantastischen Reflex den VfL vor der Niederlage. Zum großen Ärger von Gästecoach Armin Veh, der angesichts einer Fülle von Torchancen für den Meister nicht zu Unrecht feststellte: "Wir haben hier zwei Punkte liegengelassen." Immerhin räumte er aber ein, dass sein Team erst richtig in die Spur gekommen sei, als es in Überzahl agieren konnte. Und so ärgerten sich die "Wölfe" und heulten über die Ungerechtigkeit des Fußballs.
Ganz anders die Stimmung im Bochumer Lager. Denn man muss sich lange zurück erinnern, dass ein Bochumer Team nach einem Remis so frenetisch in die Kabine verabschiedet wurde. Im Mittelpunkt natürlich auch das Trainer-Duo "Funny" Heinemann und Dariusz Wosz, die die Sprechchöre sichtlich genossen. Während in den letzten Tagen von versucht wurde, den VfL massiv unter Druck zu setzen ("Ein Trainer muss schnell her, sonst macht sich der Klub lächerlich"), bleiben die handelnden Personen ganz cool. So darf man darauf wetten, dass auch in 14 Tagen beim Auswärtsspiel in Dortmund das Duo auf der Trainerbank sitzen wird.
Inzwischen ist bei dem inszenierten Theater auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Altegoer, der sich bisher völlig zurückhielt, der Kragen geplatzt. Unmissverständlich klärte er in einem Interview die Fronten: "Lothar Matthäus und Peter Neururer stehen nicht auf unserer Liste."
Der Auftritt der Mannschaft zwingt auch nicht zur Eile. Denn ohne großes Aufhebens hat der oft als "zu brav" gehandelte "Funny" Heinemann für eine neue Ordnung gesorgt.
Pressesprecher Christian Schönhals erklärte am Samstag nach dem Spiel gegen Wolfsburg: "Der Sportpsychologe Thomas Graw wird für den VfL nur noch sporadisch im Einsatz sein." Kabinen-Infos sind noch wesentlich eindeutiger. Nach denen soll eine der ersten Amtshandlungen des neuen Trainers der Verzicht auf Graw gewesen sein. Heinemann steht auf dem Standpunkt: "Motivieren kann ich die Mannschaft selbst." Das Fass zum Überlaufen brachte dann eine Graw-SMS vor dem Nürnberg-Spiel, die den Trainerstab erreichte und über dessen Inhalt man sich beim VfL beharrlich ausschweigt. Wohl besser so für Thomas Graw, der sich mit diesem "Gruß" ins Abseits gestellt hat.
Nach dem tollen Fight gegen die "Wölfe" geht der VfL mit der Gewissheit, wieder über eine funktionierende Mannschaft zu verfügen, in die zweiwöchige Pause. Bis dahin dürfte auch der eine oder andere der sieben verletzten Spieler wieder zurück sein.