Aufatmen beim 1. FC Köln: Der pure Hass, der RB-Sportdirektor Max Eberl am Samstag in Form von Schmähplakaten der Kölner Anhänger entgegenschlug, wird für den FC wohl keine Folge haben. Schiedsrichter Martin Petersen hatte den Vorfall zwar im Spielbericht vermerkt und damit auf die Tagesordnung des DFB gesetzt - doch dieser wird kein Ermittlungsverfahren einleiten. Denn Eberl hat nach SID-Informationen auf eine Anzeige verzichtet.
„Nach der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB werden Verfahren wegen unsportlichen Verhaltens von Zuschauern aufgrund des Zeigens von Bannern (...) nur dann eingeleitet, wenn die von der Kundgabe betroffene Person einen schriftlichen Antrag beim DFB auf Eröffnung eines sportgerichtlichen Verfahrens gestellt hat“, teilte der Deutsche Fußball-Bund auf SID-Anfrage mit. Das habe Eberl auf Anfrage des DFB-Kontrollausschusses jedoch nicht getan.
Doch hätte Petersen schon während der Bundesliga-Partie zwischen dem 1. FC Köln und RB Leipzig (0:0) einschreiten müssen? „Wir haben zwar wahrgenommen, dass Plakate gezeigt wurden, konnten aber vom Spielfeld aus nicht lesen, was dort geschrieben war“, sagte Petersen der Bild, nachdem Köln-Fans mehrere beleidigende Spruchbänder gegen Eberl gezeigt und dabei unter anderem seine Erschöpfungs-Krankheit verhöhnt hatten.
Hätte Petersen die Texte gelesen, hätte er nach eigenen Angaben „über Maßnahmen nachgedacht und diese wohl auch in die Wege geleitet“. Ob in diesem Fall allerdings der Drei-Stufen-Plan des DFB gilt, der Maßnahmen von einer Stadiondurchsage bis hin zum Spielabbruch vorsieht, ist umstritten.
Eberl zumindest, der in Köln auch wegen auch wegen seiner Vergangenheit beim Erzrivalen Gladbach wenig beliebt ist, hatte fassungslos auf die Plakate reagiert. „Mich würde interessieren, ob diese Menschen wissen, was Burnout genau bedeutet. Burnout heißt, dass sich Menschen verausgaben, bis sie nicht mehr können und über diesen Punkt hinaus“, sagte der 49-Jährige.
Eberl hatte wegen emotionaler Überforderung im Januar 2022 seinen Posten als Geschäftsführer Sport bei Borussia Mönchengladbach niedergelegt und war nach einer Auszeit und Selbstfindungsphase von vielen Seiten kritisch beäugt im Dezember 2022 bei RB eingestiegen. Doch so viel Hass und Abneigung wie am Samstag in Köln habe er seit seiner Rückkehr in den Profi-Fußball „bisher noch gar nicht“ erfahren.
Der FC entschuldigte sich in der Folge, Geschäftsführer Christian Keller (43) machte deutlich, dass die Plakate am FC vorbei nicht genehmigt ins Stadion gebracht worden seien: „Wenn einzelne Personen diskriminiert werden, sind das nicht die Werte des 1. FC Köln.“
Auch bei Bundesligarivalen sorgten die Diffamierungen von Eberl für Aufsehen, so bezeichnete BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl die Plakate bei Bild-TV als „nicht tragbar“.
Im September war es zu einem ähnlichen Fall gekommen, als Fans von Borussia Mönchengladbach im Spiel gegen Leipzig Schmähplakate gegen Eberl zeigten. Damals ermahnte der Stadionsprecher die Fans, ein Plakat abzuhängen, da Schiedsrichter Patrick Ittrich das Spiel sonst unterbrechen werde.
Im Drei-Stufen-Plan heißt es, dass Kritik in Form von Transparenten oder Sprechchören „sehr direkt, unhöflich, unsachlich oder geschmacklos sein“ kann, ohne dass das Spiel unterbrochen wird. Dies sei erst bei „personifizierten Gewaltandrohungen“ möglich, etwa einer Person im Fadenkreuz.
So ein Fadenkreuz-Banner hatte es beispielsweise 2020 in Hannover gegeben. Damals war der mittlerweile verstorbene Red-Bull-Gründer und RB-Anteilseigner Dietrich Mateschitz das Ziel der 96-Anhänger gewesen, sogar die Polizei ermittelte. Auch Hoffenheim-Eigner Dietmar Hopp war auf dieselbe Art und Weise verunglimpft worden.
Gladbach war nach dem Vorfall im September mit einer Geldstrafe belegt worden. Der FC kommt nun wohl glimpflich davon.