Es gibt nicht viele Menschen, die wie Amine Harit vom FC Schalke 04 erst 22 Jahre alt sind und beruflich- wie privatbedingt bereits ein so bewegtes Leben hinter sich haben. Mit allen Höhen und Tiefen, mit erfreulichen wie bedrückenden Momenten. Der Fußballprofi Harit hat nun in einem emotionalen Interview mit der Sportbild verraten, wie er sich bei S04 zurechtfinden musste, wie er eine schwierige menschliche Krise überstand und was er seiner kleinen Tochter mitgeben möchte. Denn ihr ist der marokkanische Nationalspieler besonders dankbar: „Ich möchte ein gutes Vorbild für sie sein. Ich danke Gott dafür, dass mein Leben noch einmal diese Wendung genommen hat.“
Nach der Bundesliga-Hinrunde, in der Harit sechs Tore schoss und vier weitere Treffer vorbereitete, sollte man gar nicht annehmen, dass es vor gar nicht allzu langer um die Zukunft des Offensivspielers nicht allzu gut bestellt war. Harit war 2017 vom FC Nantes aus der französischen Liga ins Ruhrgebiet gewechselt. Er wurde zwar sogleich zum Neuling der Liga gewählt, hatte danach aber auch private Probleme.
Harit: "Der Trainer ist der beste für mich"
Nun ist er aber sportlich wieder voll auf der Höhe und dankt dafür zwei Menschen besonders: „Viele haben nicht mehr daran geglaubt, dass ich mein aktuelles Level noch mal erreichen und so schnell zurückkommen kann“, so der 22-Jährige. „Die neue sportliche Führung um Trainer David Wagner und Sportvorstand Jochen Schneider hat mir aber sehr geholfen und stand immer hinter mir. Ich sage es ganz offen: Der Trainer ist der beste für mich.“ Das Verhältnis zu Wagner sei sehr eng und speziell: „Er ist kein Trainer, der mich einengt. Er fordert viel – zum Beispiel in der Defensivarbeit –, aber er fördert mich auch und gibt mir viele Freiheiten auf dem Platz.“
Verständlich, dass Harit deshalb auch inzwischen seinen Vertrag bei Schalke 04 bis 2024 verlängert hat. Dafür gebe es viele gute Gründe. Harit: „Erstens: Ich liebe Schalke! Ich spiele für einen ganz großen Klub in Deutschland und spüre wieder große Rückendeckung. Zweitens: Meine Familie fühlt sich in Gelsenkirchen total wohl. Drittens: Die Verantwortlichen und ich wollen zusammen noch viel erreichen, ich möchte ihnen für ihr Vertrauen etwas zurückgeben und mich durch Leistung dafür bedanken. Wenn nur das Geld für mich zählen würde, hätte ich meinen Vertrag hier nicht vorzeitig verlängern dürfen.“
Bei einem Unfall mit Beteiligung von Harit starb ein mensch
Harit, dessen Marktwert sich inzwischen auf rund 30 Millionen Euro beläuft, galt nach seiner Ankunft bei Schalke als schwieriger Charakter. In seiner Heimat Marokko war er zudem 2018 in einen Autounfall verwickelt, der ein Todesopfer forderte. „Es war eine schreckliche Tragödie, und sie ist ein Teil von mir. Eine schlimme Erfahrung, die ich niemals vergessen werde.“ Und mit der er inzwischen befreiter umgehen kann. Harit: „Ich konzentriere mich auf die Dinge, die ich verbessern möchte, um nicht wieder abzurutschen und mich wieder in eine schwierige Situation zu bringen. Die Geburt meiner Tochter hat mir ebenfalls sehr geholfen.“
Es habe lange gedauert, bis Harit mit dem Bewusstsein, dass ein Fußgänger bei dem Unfall sein Leben verloren hatte, wieder zurecht kam: „Man ist mit Freunden zusammen, lacht, jemand macht mal einen Witz – und plötzlich kommt aus dem Nichts die Erinnerung wieder hoch, und das Lachen ist auf einmal weg. Ich habe mir in vielen Situationen gedacht: Oh Gott, was habe ich gemacht? Bin ich ein schlechter Mensch?“
Heidel wollte Harit verkaufen
Gespräche mit Schalker Teampsychologen, vor allem aber mit der Familie hätten Harit aus der Krise geholfen: „Meine Familie und meine Frau sind meine Mentaltrainer.“ Nicht nur deshalb litt die Leistung auf dem Fußballplatz. Harit machte Negativschlagzeilen, weil er regelmäßig ins Casino ging und als schwierig integrierbar galt. Deswegen hätte Schalkes damaliger Manager Christian Heidel ihn auch verkaufen wollen: “Es gab aber keine gute Alternative Also entschied ich zu bleiben. Was die richtige Entscheidung war. Wenn ich Schalke eines Tages verlassen sollte , dann will ich den Klub auch mit einem positiven Image verlassen. Ich möchte, dass dann jeder sagt: Amine Harit war ein großer Spieler für Schalke.“