Die Berichterstattung der "Zeit" hat unter der Woche für Wirbel rund um Alemannia Aachen gesorgt. Dabei ging es auch und vor allem um den als Zeugen geladenen Trainer Heiner Backhaus, auch der Verein bezog bereits Stellung. Auf der Pressekonferenz vor der Partie gegen Energie Cottbus hatte Backhaus selbst Redebedarf.
Demut, Dankbarkeit, Verantwortung für Alemannia Aachen – den sportlichen Erfolg seiner Amtszeit mitsamt Aufstieg in die dritte Liga begründet Backhaus auch mit dem richtigen Wertesystem. Noch die Abfahrt nach Verl hatte die Alemannia verschoben, um den muslimischen Spielern das Morgengebet zu ermöglichen. „Das war ein maßgeblicher Teil, warum wir unsere Ziele erreicht haben. Diese gelebte Solidarität hat uns den Weg zum Erfolg geebnet, und wird es immer tun.“
Sich nun mit Vorwürfen der Nähe zu einem bekannten Aachener Rechtsradikalen auseinandergesetzt zu sehen, schockiert den frischgebackenen Fußballlehrer. „Ich bin aus allen Wolken gefallen, weil ich gar keinen Bezug mehr zu den Ereignissen hatte, die mich letztes Jahr in Berührung mit so einer Straftat hätten bringen können“, erklärte Backhaus. In der Anfangszeit bei der Alemannia habe er viele soziale Projekte mitgemacht.
Den Angeklagten Kevin Polz habe er im Rahmen eines Vereinstermins – einer Essensausgabe für Bedürftige – kennen gelernt. Hier habe er ihm auch seine Nummer gegeben, bestätigte Backhaus. Allerdings ausschließlich zu ähnlichen gemeinnützigen Zwecken, wie er klarstellte. „Ich habe an diesem Abend nicht gewusst, wer dieser Mensch war, und im Nachgang hätte man mich da schützen müssen, wenn jemand gewusst hätte, wer dieser Mensch war.“
Das ist nicht nur ein Thema für den Verein, das ist ein Thema für die Gesellschaft. Gewalt, Rassismus, jeder Extremismus dieser Welt, haben nichts in einer aufgeklärten Gesellschaft verloren.
Heiner Backhaus
Genauere Details wollte er mit Blick auf das laufende Verfahren nicht preisgeben. „Ich möchte hier nicht vorwegnehmen, was wir da schonungslos sagen werden, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Und ich freue mich, dass ich helfen kann, dass dort keinerlei Fragen mehr aufkommen.“ Das besagte Video der Straftat habe er nicht gesehen. Backhaus: „Hätte ich etwas gesehen, hätte ich das den Behörden selbstverständlich in meiner Funktion und meinem Wertesystem gemeldet.“
Seit April 2024 habe er keinerlei Kontakt mehr zu Polz, stellte er klar. Und distanzierte sich klar von jeglichen Vorwürfen: „Die Situation ist für mich als Mensch unerträglich, weil mein Wertesystem es mir gar nicht zulässt, mit Gewalt und Rechtsradikalität in Verbindung zu kommen.“ Er verwies auf seine sechs Jahre bei International Leipzig, wo Flüchtlinge sich fußballerisch betätigen konnten, und die sieben Jahre, die er im Ausland gespielt und gelebt hat.
Diese Erfahrungen und gelernten Werte will er auch an seine Spieler weitergeben. Und stellte sich erneut klar gegen Gewalt: „Das ist nicht nur ein Thema für den Verein, das ist ein Thema für die Gesellschaft. Gewalt, Rassismus, jeder Extremismus dieser Welt, haben nichts in einer aufgeklärten Gesellschaft verloren.“
Da sei der Fußball dann auch mehr als reiner Ergebnissport. Backhaus betonte: „Das finde ich viel wichtiger als das nächste Spiel, und auch viel wichtiger als das übernächste Spiel. Wir sind in diesem Verein und über diesen Verein dazu angehalten, für die Gesellschaft Werte zu schaffen.“