Es waren Aussagen, die Verwunderung hervorriefen: „Meiner Meinung nach hat die Mannschaft heute den richtigen Schritt gemacht, aber wir wurden vom Ergebnis nicht belohnt“, sagte Marcel Schmelzer, Kapitän von Borussia Dortmund, kurz nach dem Spiel beim VfB Stuttgart am Eurosport-Mikrofon. Das sorgte für Verblüffung bei den Umstehenden, und das nicht nur, weil der BVB mit 1:2 (1:1) verloren hatte, damit auch das fünfte Spiel in Folge ohne Sieg blieb und zum dritten Mal nacheinander verlor.
Die Dortmunder Borussia steckt in einer veritablen Krise – und das wird noch dadurch verschärft, dass die Niederlage weder einer miesen Laune des Schicksals noch einer miesen Leistung des Schiedrichters zu verdanken war, sondern schlicht der eigenen Leistung. In der ersten Halbzeit hatte die Mannschaft noch fortschritte gegenüber den vergangenen Wochen gezeigt:
Nach dem Gegentor, dass Abwehrspieler Mark Bartra und Torhüter Roman Bürki dem Stuttgarter Chadrac Akolo in der Anfangsphase auf recht tölpelhafte Weise auflegten, hatte sie sich aufgerappelt, deutliche Feldvorteile und ein Chancenplus herausgespielt und schließlich durch Maximilian Philipp in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit den Ausgleich erzielt. Auch da war längst nicht alles gut, war der Spielvortrag ind er gegnerischen Hälfte deutlich zu ungenau und fehlerhaft. Aber es war ein klarer Wille erkennbar, die Partie zu drehen.
Nachdem aber kurz nach der Pause Josip Brekalo die erneute Stuttgarter Führung erzielte, war es mit dem Dortmunder Spiel endgültig dahin, es gelang kaum noch etwas – und deswegen wirkte die positive Betrachtungsweise des Kapitäns doch ein wenig realitätsfremd. Später, nachdem er geduscht aus der Kabine kam, relativierte Schmelzer seine Worte dann auch ein wenig: „Uns wurde vor ein paar Wochen noch fehlende Einstellung vorgeworfen“, erklärte er.
Dann kommst du zur zweiten Halbzeit raus, nimmst dir sehr viel vor und bekommst mit der ersten Chance direkt wieder einen rein.
Marcel Schmelzer
„Deswegen habe ich gesagt, dass wir da heute viel besser waren.“ Wenn man wie der BVB durch derartige Schusseligkeiten in Rückstand gerate, „drehst du eigentlich komplett durch“, so Schmelzer. „Aber so, wie sich das auf dem Feld angeführt hat, kann ich der Mannschaft überhaupt nichts vorwerfen.“ Wichtig sei, wie man mit dem Rückstand umgehe. „Das meinte ich mit einem ersten Schritt in die richtige Richtung“, so Schmelzer. „Dass es natürlich nicht das Ergebnis war, das wir wollten, ist auch richtig.“
Ein zweites Mal aber gelang die Reaktion nicht – das Gegentor zum 1:2 sei dann wohl ein Nackenschlag zu viel gewesen, mutmaßte der Kapitän: „Du bekommst so ein Slapstick-Gegentor, du reagierst darauf als Mannschaft gut, du machst den Ausgleich kurz vor der Pause“, erklärte er. „Dann kommst du zur zweiten Halbzeit raus, nimmst dir sehr viel vor und bekommst mit der ersten Chance direkt wieder einen rein.“
Und dabei spielte dann auch der Linksverteidiger eine unrühmliche Rolle: „Die Entstehung nehme ich auf mich“, sagte Schmelzer, der bei einem langen Ball zu weit weg vom Torschützen Brekalo stand. „Als der Ball gespielt wird, habe ich gedacht, es ist unser Ball, ich habe nicht gesehen, dass da ein Spieler war“, erklärte er. „Danach können wir ihn noch stellen. Als er den Haken macht, dachte ich, wir blocken ihn noch, dann ging er unglücklich rein.“
Unglücklich ging es für den BVB weiter, der vermeintliche Ausgleich durch Andrey Yarmolenko wurde zurecht wegen Handspiels zurückgepfiffen. Es folgte der diskutable Auftritt des Kapitäns vor der Fernsehkamera – den dieser aber schnell korrigieren konnte. Eine Korrektur, wie sie dem BVB seit fünf Spielen auf dem Platz nicht mehr gelungen ist – in den kommenden Spielen gegen Tottenham Hotspur und Schalke 04 wird es höchste Zeit.