Hans-Joachim Watzke wusste nur zu gut, dass er mit seinen Worten zwar nicht auf taube Ohren stoßen, sie den Lauf der Dinge aber sicher nicht ändern oder gar stoppen würden. Immer wieder hatte sich der Dortmunder Geschäftsführer am Wochenende kritisch zu den Spekulationen um mögliche Ab- und Zugänge des BVB geäußert. „Nervig“ sei es, wenn die beiden besten deutschen Mannschaften historische Spiele im Halbfinale der Champions League zeigen, dieser Umstand aber praktisch sofort in Vergessenheit gerät, weil immer neue Gerüchte die Schlagzeilen bestimmen.
Dortmund glänzt, "Lewy" bestimmt die Schlagzeilen
Dass der glanzlose 2:1 (1:0)-Sieg, den eine engagierte B-Elf gegen uninspirierte Düsseldorfer einfuhr, wenig Potenzial besaß, den medialen Fokus auf die sportlichen Aufgaben des BVB zu lenken, verwunderte nicht einmal die Schwarz-Gelben. „Das war eine Pflichtaufgabe“, gab Nuri Sahin, Traumtorschütze zum 1:0, unumwunden zu. Folglich dreht sich auch vor dem Rückspiel gegen Real Madrid, vor der großen Chance, zum zweiten Mal nach 1997 das Endspiel der Champions League zu erreichen, vieles um einen Mann: Robert Lewandowski.
Selten zuvor dürfte ein Angreifer – nicht zuletzt dank der von seinen Beratern gezündeten Nebelkerzen – bei so vielen Vereinen im Gespräch gewesen sein. Am Sonntag waren es lobende Worte von Alex Ferguson, die die etwas abgekühlten Gerüchte, wonach der polnische Torjäger in die Premier League wechseln wird, neu befeuerten. Dass sie sich im Old Trafford zudem für Ilkay Gündogan interessieren, meldeten britische Medien gleich hinterher.
Störgeräusche ausblenden
Das Theater um Lewandowski wird zunehmend grotesk. Im ZDF-Sportstudio bestätigte Watzke nun, dass der BVB zugestimmt hatte, Gespräche über einen Wechsel zu führen, wenn bis Mitte Mai ein „ordentliches Angebot“ auf dem Tisch liegt. Was das bedeutet, darüber herrscht jedoch offenbar Uneinigkeit, dabei ist die Sachlage aus Sicht des BVB eindeutig: Wenn Lewandowski den Verein verlassen möchte, dann ist der Klub bereit, diesem Wunsch zu entsprechen, vorausgesetzt die Höhe der Ablösesumme stimmt und der Käufer ist nicht der nationale Konkurrent aus München. Eine solche Offerte liegt den Dortmundern bislang jedoch nicht vor, weshalb sie davon ausgehen, ihren Angreifer bis zum Vertragsende 2014 zu behalten.
Jürgen Klopp ist derweil darum bemüht, sein Team von den fast schon ohrenbetäubenden Störgeräuschen abzuschotten, um den Traum vom Endspiel tatsächlich zu realisieren. Die Spieler jedenfalls versichern unisono, die Debatten abseits des Platzes zwar zu registrieren, sich davon aber in keinster Weise negativ beeinflussen zu lassen. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, die Dortmunder wollten aller Welt zeigen, dass der oft gepredigte Satz der großen Familie, die unumstößlich zusammensteht, nicht den Ideal- sondern den Ist-Zustand beschreibt. „Die Champions League zu gewinnen, wäre die absolute Krönung der Erfolge, die wir bis jetzt schon hatten. Das muss jetzt unser Ziel sein“, sagt Mats Hummels, der dieser Tage immer wieder mit dem FC Barcelona und – natürlich – den Bayern in Verbindung gebracht wird.
Mitten im Gerüchte-Gewitter, das sich vor Wembley zusammengebraut hat, muss der BVB einem spanischen Offensivsturm standhalten. Gelingt es, wäre der Erfolg derart außergewöhnlich, dass Watzkes frommer Wunsch zumindest kurzzeitig erfüllt werden dürfte und ausschließlich die sportliche Leistung der Schwarz-Gelben die Schlagzeilen bestimmt.