Dies sei auch ein Beweis dafür, dass dem neuen Wettbewerb keine große Zukunft einzuräumen sei, hieß es weiter in der NRZ. Die Skepsis galt dem 1955 erstmals ausgespielten „Europapokal der Landesmeister“, dem Vorläufer der millionenschweren Champions League. So können sich also die Zeitgenossen irren! Schließlich wurden die europäischen Wettbewerbe zu einem Bestandteil der Fußball-Mythologie und festigten den Sport als unangefochtene „Nummer Eins“ auf dem alten Kontinent.
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Matthias Weinreich: Der Europapokal, Band 1: 1955 bis 1974. 432 Seiten, s/w-Fotos, AGON-Sportverlag, Kassel 2007. ISBN 978-3-89784-252-5, EUR 35,00
Matthias Weinreichs Enzyklopädie „Der Europapokal“ liefert einen umfassenden Einblick in die Geschichte der europäischen Mannschaftswettbewerbe: Von der sagenumwobenen Real-Elf um Di Stéfano und Puskás bis hin zu Manchesters Pop-Star Georg Best und dem „totaal voetbal“ von Ajax Amsterdam – dies alles wird informativ erzählt. Band 1 der geplanten Trilogie endet da, wo meine persönliche Fußball-Erinnerung beginnt. Beim Endspiel im Landesmeistercoup 1974 hämmerte „Katsche“ Schwarzenbeck in der 120 Minute mit einem Gewaltschuss den Ball in die Maschen des Tores von Atlético Madrid und erzwang so ein Wiederholungsspiel, das Beckenbauer & Co. anschließend in großer Manier mit 4:0 gewannen. Noch heute ist mir dieses Tor, das über unseren alten Schwarz-Weiß-Fernseher flackerte, bestens in Erinnerung: die Dramatik in letzter Sekunde und ausgerechnet Georg Schwarzenbeck, der Ausputzer des Kaiser, als Torschütze. Die Bayern gewannen als erste deutsche Mannschaft den Pokal der Landesmeister und mutierten langsam zu „den Bayern“ von heute. Aber zurück zu Weinreichs Buch. Einschübe zu berühmten Mannschaften, Portraits von herausragenden Spielern und Trainer runden jeweils das Bild der Europapokalsaison ab. Den jährlichen Auftritten der deutschen Vereine aus Ost und West ist ein besonderes Resümee gewidmet. Ein Nachschlagewerk also, das den umfassenden Informationsanspruch einer Enzyklopädie erfüllt. Wenn überhaupt sind die Fotos der einzige Wermutstropfen, da sie eingezwängt zwischen den Textblöcken nur als schnöde Illustrationen dienen. Trotzdem ein Buch, das als Nachschlagewerk und vielseitiges Lesebuch bestens funktioniert.
Bewertung: 5 von 6 Bälle
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