"Sie bieten hier auf eine Sitzplatz für das Viertefinalspiel in der Arena gegen den FC Barcelona! Das Spiel ist am 1.4.2008 und beginnt Abend um 20:45 und ich aus Arbeitsgründen nicht hin kann! Dann,viel Spass bei bieten!" Die deutsche Rechtschreibung und Grammatik sind nicht jedermanns Sache. Der Verkäufer wird seine Defizite verschmerzen können, winkt ihm doch ein hoher dreistelliger Betrag für das feilgebotene Viertelfinalticket. Nach 27 Geboten steht die Auktion bei 266 Euro. Da die Versteigerung des Sitzplatzes im Block 59 erst in sieben Tagen endet, darf der Anbieter mit einem Erlös rechnen, der manches Lehrlingsgehalt übersteigt.
"Top-Sicht garantiert"
"Die einmalige Gelegenheit, Weltstars wie Ronaldinho, Eto’o und Henry live zu sehen", muss im Übrigen genauso oft als Verkaufsargument herhalten wie der immer wieder gern gegebene Hinweis, dass "Top-Sicht garantiert" ist. Ach, wenn das so ist! Da kann der interessierte Fan sich auch schon mal hinreißen lassen - und "SofortKaufen" obwohl 90 Euro für Porto und Verpackung fällig werden. Bei 45 Euro Festpreis für das Ticket war das Angebot immer noch ein Schnäppchen – anders als der Artikel, der mit "Schalke – Barcelona ein Traum" beworben wird. Bei genauem Hinsehen entpuppt sich die in die "Kategorie Tickets" einsortierte Auktion als Knappenkarte mit Konterfei von Manuel Neuer. Für mindestens 52 Euro hat jeder mit eBay-Login kurzfristig noch die Chance, stolzer Besitzer des Geldträgers aus Plastik zu werden.
Noch zu Zweitliga-Zeiten kam der kleine Elmar irgendwie auf die abenteuerliche Idee, sich mit ganzem Herzen dem FC Schalke 04 zu verschreiben. Dass der "geilste Klub der Welt" ihm in den folgenden Jahren neben einiger Freude auch unendlich viel Leid bescheren sollte, war ihm damals noch nicht klar. Nun versucht er sein königsblaues Gefühlschaos in seiner wöchentlichen Fan-Kolumne so gut es geht zu ordnen.
Wenn ich woanders dann lese, dass der Anbieter "leider aus privaten" bzw. "beruflichen Gründen verhindert" ist, stellen sich bei mir die Nackenhaare hoch, auch wenn ich den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen kann und keinem zu nahe treten will. Wird in der Artikelbeschreibung von einem Gewinn von zwei Tickets bei der Tombola auf der Betriebsfeier gesprochen, darf immerhin noch geschmunzelt werden. Doch der Satz "verkaufe die Tickets für einen Bekannten, der aus gesundheitlichen Gründen" nicht zum Spiel am 1. April in die VELTINS-Arena kann, ist wahrscheinlich nur ein schlechter Scherz.
Es gibt noch Robin Hoods in königsblau
Ist das ganze nun Marktwirtschaft mit modernen Mitteln oder ein einziger krimineller Sumpf? Solange es Leute gibt, die die geforderten Mondpreise bezahlen oder sich auf "Teufel komm raus" überbieten wollen, eher ersteres. Trotzdem täte der FC Schalke 04 gut daran, weniger als vier Tickets pro Mitglied herauszugeben. Um die Freundin mitnehmen zu können, tut es auch die Hälfte. Den Schwarzmarkt komplett zu verhindern, ist wohl illusorisch. Solange bleibt mir nur der Appell an die Schalker Ehre, übrig gebliebene Karten zum Originalpreis in der Kartentauschbörse anzubieten. Denn es gibt immer noch Robin Hoods in königsblau, die eBay eine lange Nase zeigen und ebenso anständig wie altmodisch sind.