Heute vor 158 Tagen lud Rot-Weiss Essen zur Jahreshauptversammlung. Eigentlich genug Zeit, um die immer wieder als unerlässlich, überlebenswichtig und richtungsweisend unterstrichenen neuen Strukturen einzuführen. Doch die Fortschritte sind äußerst übersichtlich. Knapp ein halbes Jahr später muss man sogar festhalten: Der Verein ist selten weiter davon entfernt gewesen.
Die Besatzung, die den „Designern“ des schönen, neuen RWE vorschwebte, ist mittlerweile komplett von Bord gegangen. Zunächst zog der „alte“ Vorstand die Notbremse und hebelte Thomas Strunz aus. Nun hat sein kaufmännisches Pendant, Roland Balensiefer den Hut genommen. Hintergründe: vorgeblich unbekannt – selbst den „Machern“. Stefan Meutsch, immerhin 1. Vorsitzender des Vereins, kann nur mit den Schultern zucken. Während der Aufsichtsrat von der Strunz-Entlassung erst von dem Ex-Profi selbst erfuhr, hat der Vorstand nun keinen blassen Schimmer, welches Spiel die städtische GVE treibt. Selbst für Außenstehende offenbart sich: es herrscht ein eklatantes Kommunikationsdefizit, einer tappt im Dunkeln des anderen.
Dennoch fällt es nicht schwer, hinter dem Abzug Balensiefers Schwerwiegendes zu vermuten: Wird die neue Spielbetriebs-GmbH, die schon seit Jahren als Papiertiger vor sich hin schlummert, jemals zum Leben erweckt? In die Aussagen des Vorstands lässt sich jedenfalls allerhand hineinorakeln. Eigentlich spricht Meutsch sogar fast schon Klartext, wenn er sagt: „Ob und wann die Spielbetriebs-GmbH in Kraft tritt, steht völlig dahin.“ Ein Satz, der sitzt. Die Reform ist längst zur Hängepartie ausgeartet. RWE hat sich die Stadt ins Boot geholt und ist dadurch zum Politikum geworden. Durch die Neuwahl müssen Gespräche mit den neuen Machthabern erfolgen. Ausgang: offenbar parteiübergreifend ungewiss. Nicht einmal die „neue“ Stadt selbst, die zunehmend das Gängelband der Bezirksregierung spürt, ist sich ihrer eigenen Freiheiten – und nicht zuletzt auch Finanzen – momentan wohl nicht im Klaren.
Daher tut man an der Hafenstraße gut daran, sich für alle Fälle zu wappnen. Thomas Hermes arbeitet erhenamtlich, die Trainer bekommen für ihre Zusatz-Tätigkeit als Sportliche Leiter keinen Cent extra – die prophylaktisch gelebte Finanzkrise. Immerhin, am 2. November treffen sich Vorstand und Aufsichtsrat – um zu reden – vielleicht ja irgendwann sogar Tacheles. Dann wohl spätestens bei der nächsten Jahreshauptversammlung.