Dieses Eldorado an spektakulären Geschichten und Anekdoten und diese wunderbaren Kerle von Männern, die so sind, wie sie sind und sich für nichts und niemanden schämen – vor allem nicht für sich selbst – muss man einfach über alle Vereinsgrenzen hinweg lieben.
Derbyzeit ist deshalb für mich auch immer ein Moment des Innehaltens und Erinnerns. Nicht zuletzt weil seit einigen Jahren bei den Spielen Bochum gegen Schalke zudem mit der Kreissäge einmal quer ein harter Schnitt durch meine angeheiratete Familie gezogen wird. Dass wir da nicht die einzige Sippe im Pott sind, die zwei Mal 90 Minuten in der Saison alle Blutsverwandtschaften ruhen lässt, beruhigt zwar, macht die Sache im Kerne dennoch nicht angenehmer.
Ich bin ja schon froh, dass ich nicht wie ein ehemaliger VfL-Kumpel den Fehler begangen habe, mich in eine königsblaue Holde zu vergucken. Der Kontakt zu - nennen wir ihn - „Holger“ ist seitdem etwas abgekühlt. Es gibt Dinge im Leben, die gehen einfach nicht. Dennoch haben wir neulich mitbekommen, wie Holle mal wieder von seinen Schwiegereltern hintergangen wurde.
Sein dreijähriger Sohnemann erhält seit Saisonbeginn für jeden Sieg des S04 einen Euro für seine Sparbüchse. So weit, so gut. Doch Omma und Oppa spendieren zudem für jede Niederlage des VfL Bochum DREI Euro für das Säcklein des kleinen Mannes. Wenn wir einmal außer Acht lassen, dass sich da mittlerweile eine schöne Summe angesammelt hat, kann man sich vor allem ausrechnen, für welchen Verein das Herz des wehrlosen Jungen im Moment mehr schlägt.
Aber so sind sie auf Schalke schon immer gewesen. Während der VfL Bochum nicht ohne Grund als der „sympathischte Klub der Welt“ bezeichnet wird, gelten die Königsblauen seither eher als etwas frech und dreist. Ein Beispiel sei an dieser Stelle kurz erzählt: Beim Pokalspiel diese Saison beschimpfte mein Schalker Sitznachbar unaufhörlich den Schiedsrichter für seine „Fehlentscheidungen“ gegen den S04. Als wieder einmal direkt vor unseren Augen etwas gegen seinen Strich lief, schrie er mich völlig außer sich an: „Und schon wieder hat eure 8 den Rafinha wie ein Wilder umgegrätscht, ohne dass die schwarze Sau was macht!“
Ich schaute ihn kurz an, prüfte, ob er mich verarschen wolle und erwiderte ruhig: „Du meinst unsere 4 und euren Höwedes?“ Ohne mit der Wimper zu zucken, brüllte er mich erneut an: „Das ist doch scheißegal, wer das war. Nur weil meine Brille in der Reparatur ist, kann ich doch immer noch sehen, dass der Schiri ein Blinder ist!“
Hut ab! Und mal ehrlich, geschätzte Fußballanhänger aller Couleur: Wenn dieser eine Satz nicht ausreicht, um unsere königsblauen Freunde auf immer und ewig zu lieben, dann weiß ich auch nicht mehr...