Als Dietmar Hirsch im Juli 2023 beim 1. FC Bocholt als Cheftrainer anheuerte, fand er keine einfache Aufgabe vor.
Der Fußballlehrer musste aus einem nahezu komplett neuen Kader im Bestfall zügig eine echte Mannschaft formen. Das gelang Hirsch in beeindruckender Art und Weise: Der 1. FC Bocholt lag zur Halbzeit der Regionalliga-West-Saison 2023/2024 auf Platz eins und träumte über Weihnachten und Neujahr noch vom Aufstieg.
Diesen großen Erfolg dürfen sich Kader-Architekt Christopher Schorch und Erfolgstrainer Hirsch auf ihre Fahnen schreiben. "Dazu gehören viele weitere Personen. Der ganze Trainerstab macht eine hervorragende Arbeit. Der ganze Staff reißt sich den Allerwertesten auf. Und, das Wichtigste: 60 bis 70 Prozent unserer Spieler haben den nächsten Schritt vollzogen und sich weiterentwickelt. Wir spielen eine herausragende Saison", betont Hirsch gegenüber RevierSport.
Auch wenn Bocholt vier Spieltage vor Schluss mittlerweile Dritter ist und satte 14 Zähler hinter Alemannia Aachen liegt, will Hirsch kein negatives Wort verlieren. "Wir dürfen nie vergessen, wer wir sind. Wir sind der 1. FC Bocholt! Alemannia Aachen ist im Vergleich zu uns ein Riese. Sie haben ein wunderschönes Stadion, das auch in der Bundesliga eine Augenweide wäre. Sie haben unfassbare Möglichkeiten. Allein für Ablösesummen konnte die Alemannia in dieser Saison um die 150.000 Euro locker machen. Das heißt schon etwas", unterstreicht Hirsch.
Jeder Spieler, jeder Sportchef, jeder Trainer will sich doch weiterentwickeln. Es ist doch absolut legitim, wenn ich mir auch meine Gedanken um die Zukunft mache.
Dietmar Hirsch
In jenem bundesligareifen Stadion der Aachener ist Bocholt am kommenden Spieltag zu Gast. Das Hinspiel am Hünting gewann der 1. FC mit 3:0. Am Samstag (14 Uhr, live im RS-Ticker) wird der Tivoli mit 32.960 Zuschauern ausverkauft sein. Sollte Wuppertal am Freitagabend bei Fortuna Köln nicht gewinnen, wäre die Alemannia schon aufgestiegen. Ansonsten könnte Aachen mit einem Sieg gegen Bocholt alles perfekt machen und die Party steigen lassen
"Wir fahren auf den Tivoli, um die Partycrasher zu spielen. Das ist schon unser Ziel. Wir wollen diese Atmosphäre aufsaugen und Energie daraus ziehen. Wir freuen uns riesig auf das Spektakel", sagt Hirsch.
30 Spiele als Bocholt-Trainer und 1,83 Punkte pro Partie, hinzu kommt das Niederrheinpokal-Viertelfinale: Hirsch absolviert in seinem ersten Jahr eine bärenstarke Saison als Bocholt-Coach. Das weiß er auch - und er kennt das Geschäft. Nach RevierSport-Informationen steht der ehemalige Bundesligaprofi des MSV Duisburg und Borussia Mönchengladbach auch bei anderen Klubs auf dem Zettel.
Fakt ist aber: Hirschs Vertrag hat sich nach dem Klassenerhalt bis zum 30. Juni 2025 verlängert. Und, trotzdem: Dass der Erfolgstrainer auch in der Saison 2024/2025 am Hünting coachen wird, ist nicht in Stein gemeißelt.
Wir sind der 1. FC Bocholt! Alemannia Aachen ist im Vergleich zu uns ein Riese. Sie haben ein wunderschönes Stadion, das auch in der Bundesliga eine Augenweide wäre. Sie haben unfassbare Möglichkeiten. Allein für Ablösesummen konnte die Alemannia in dieser Saison um die 150.000 Euro locker machen. Das heißt schon etwas
Dietmar Hirsch
Hirsch ist ehrlich zu sich selbst und erklärt gegenüber RevierSport: "Jeder Spieler, jeder Sportchef, jeder Trainer will sich doch weiterentwickeln. Es ist doch absolut legitim, wenn ich mir auch meine Gedanken um die Zukunft mache. Ich weiß, welche Arbeit wir hier im Verbund geleistet haben und mit welchen Widrigkeiten wir manchmal zu kämpfen hatten und haben. Stichwort: Unterschiedliche Trainingsplätze. Aber wir haben das alles super angenommen. Das spricht auch für den Charakter der Mannschaft. Man will wissen, wie es sich entwickelt. Fußball ist ein Tagesgeschäft und man weiß nie, was kommt. Ich lasse mir alles durch den Kopf gehen."
Der 52-Jährige fügt aber auch hinzu: "Jeder, der mich kennt, weiß auch das ich mich in Bocholt wohlfühle und meinen Trainerposten hier zu schätzen weiß."
Über ein Wiedersehen mit dem MSV würde sich Hirsch nicht freuen
In der nächsten Saison wird es für Bocholt dann wohl nicht mehr gegen Aachen, aber dafür gegen einen anderen großen Traditionsklub gehen: den MSV Duisburg. Für die Meidericher war Hirsch insgesamt sieben Jahre aktiv und absolvierte 203 Pflichtspiele. Auf ein mögliches Wiedersehen freut Hirsch sich aber nicht.
"Ich hoffe immer noch, dass der MSV das packt. Auch wenn das von Woche zu Woche immer schwieriger wird. Bei einem Abstieg leidet ja nicht nur der Verein und seine Mitarbeiter, sondern eine ganze Region. Das hat bei solch wuchtigen Klubs wie dem MSV noch einmal eine ganz andere Dimension als bei anderen Vereinen."
Und: Gut möglich, dass der MSV Duisburg ab dem 1. Juli 2024 einen neuen Trainer für die Regionalliga West suchen wird. Dietmar Hirsch, ein Ex-Zebra, weiß genau wie diese Liga funktioniert.