Es ist schon etwas eigenartig. Woche für Woche werden die Essener für ihre Zuschauerzahlen bewundert. Die beste Saisonleistung aber führte Rot-Weiss beinahe unter Publikumsausschluss vor. Sozusagen als öffentliche Generalprobe vor dem Derby gegen den Wuppertaler SV am kommenden Samstag. Elversberg auswärts, Dienstagabend, das klang freilich auch wenig verführerisch. Doch die Happy Few, die sich auf die weite Reise machten, wurden reich belohnt.
Bei allem Respekt, den die Essener den Saarländern gegenüberbringen wollten, so recht konnte sich am Ende des Abends niemand auch nur einer Torchance der Hausherren entsinnen. Besonders in der ersten Hälfte war die SVE vor allem staunender Beobachter ungeahnt leichtfüßigen, spielfreudigen und temporeichen Essener Offensivfußballs.
Was Kerim Avci, Güngör Kaya, Kevin Grund, Timo Brauer und Co. 45 Minuten lang boten, war schätzungsweise ziemlich nah am Wrobelschen Reißbrett. Elversbergs Trainer Jens Kiefer kam aus dem Staunen nicht heraus: "Mit diesem Ergebnis hat sicherlich niemand gerechnet", stammelte der SVE-Coach. Immerhin hatte seine Mannschaft die großen Sportfreunde Lotte erst vor wenigen Tagen noch vor mindestens genauso große Probleme gestellt. "Heute konnten wir aber zu keinem Zeitpunkt unsere Leistung abrufen. Wir brauchen uns nicht herausreden und uns nicht darüber zu unterhalten, ob dieser Sieg verdient war", räumte Kiefer ein und redete seinem Gegenüber damit das Wort.
Wrobel selbst verzichtete vermutlich ganz bewusst darauf, die Gunst der Stunde für eine große Rede zu nutzen. Zwar bescheinigte der 42-Jährige seiner Mannschaft, auf einem guten Weg den nächsten Schritt vollbracht zu haben, vor dem Derby gegen Wuppertal am kommenden Samstag und nur sieben Tage nach der 1:4-Heimniederlage gegen Borussia Mönchengladbach II stehen die jüngsten Erfolge aber noch auf tönernen Füßen.
Gleichwohl gab es zumindest für den Moment so rein gar nichts auszusetzen an dem Job, den seine Mannschaft verrichtete. Das Zahlenwerk täuscht dabei sogar noch. Dass Timo Brauer (33.) RWE per Foulelfmeter (Sebastian Wolf an Kerim Avci) in Führung brachte, war zwar überfällig, dokumentierte jedoch nur unzureichend, wie Essen das Kiefer-Team fußballerisch dominierte. Auch Güngör Kaya staubte nach einem Freistoß von Markus Heppke vergleichsweise glanzlos ab (35.). Nach dem Wechsel trafen die Bergeborbecker aber ja auch noch zwei Mal aus dem Spiel heraus. Zunächst legte Grund den Ball am herausgeeilten Kläs vorbei ins Netz (47.), zum Schluss musste sich der SVE-Keeper auch noch vom eingewechselten Benedikt Koep überlupfen lassen (80.).
Doch was sind diese beiden Erfolge wirklich wert? Die Frage muss fürs Erste offen bleiben, denn auch die 1:4-Niederlage vor einer Woche ist noch in lebhafter Erinnerung. Über den Inhalt der rot-weissen Wundertüte scheint immerhin so viel gewiss: Die siegreiche Mannschaft schoss in den letzten vier Pflichtspielen jewels vier Treffer. Auswärts war das RWE, daheim der Gegner. Was das nun für Spiel fünf gegen den Wuppertaler SV bedeutet? Wir werden es erleben. Und mit Sicherheit auch wieder einige Zuschauer mehr als am Dienstagabend nahe der französischen Grenze.