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In New Mexico fiebert Wattenscheider Fan-Seele

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Pott ohne Grenzen! RevierSport ist als gefragte Fach-Lektüre weltweit populär, im US-Staat New Mexico wartet unsere treue Leser-Familie Michael und Carola Brockers zweimal wöchentlich auf ihr digitales Abo - sehnsüchtig.

Pott ohne Grenzen! RevierSport ist als gefragte Fach-Lektüre weltweit populär, im US-Staat New Mexico wartet unsere treue Leser-Familie Michael und Carola Brockers zweimal wöchentlich auf ihr digitales Abo - sehnsüchtig.

"Zuhause" wird die Printversion auch zweimal wöchentlich von Kumpel Uwe Feger abgeheftet. Ordner reiht sich an Ordner. Alles Gründe, sich einmal mit den "Brockers" - eingefleischte Anhänger der SG Wattenscheid (Fan-Gemeinschaft "Pandora's Gesellen") - via E-Mail-Interview zu befassen, die aus beruflichen Gründen über den großen Teich siedelte.

Der 38jährige Berufssoldat in der deutschen Luftwaffe wurde zum 1. Juni 2003 zur Holloman Air Force Base, New Mexico, versetzt. Für die Dauer von drei Jahren ist er in einem Ausbildungszentrum für deutsche Jetpiloten als IT-Administrator tätig. Inklusive der Katzen "Bonnie" und "Clyde" wohnen die Brockers jetzt in einem 160 qm großen Einfamilienhaus mit Garten und kleinem Pool in Alamogordo, dem der Air Force Base nächstgelegenen Ort und mit 30.000 Einwohnern städtischen Zentrum des Tularosa-Beckens.

Dort erblickte mittlerweile auch eine weitere Fan-Seele das Licht der Welt. Die Beitrittserklärung des am 15. Februar 2004 geborenen Filius Joël-Kilian liegt der Geschäftsstelle der SG09 vor. Vater Brockers breit grinsend: "Nachdem uns Adam Maurer ja im Laufe der Saison wieder in Richtung Verl verlassen hat, dürfte unser Sohn wohl somit das nächste und einzige amerikanische Vereinsmitglied sein."

Michael Brockers, Sie sind der am weitesten "entkommene" RevierSport-Leser. Wie Fußball- und "Pott"-verrückt muss man sein, neben beiden "Papierformen" Sonntag und Donnerstag auch das "Digi-Abo" haben zu wollen? Das digitale Abo bietet die Chance, aus der distanztechnischen Not eine ereignisnahe Tugend zu machen. Wenn man bedenkt, dass manche Postsendung bis zu drei Monaten läuft, könnte man bei aller gespannten Erwartung auf die Papierform des RevierSports von Aktualität nicht reden.

Sie sind ein echter "Revier-Jünger" - korrekt? Fußball- und "Pott"-Verrücktheit sind gewachsene Größen. Dreißig intensive aktive Jahre für und mit diesem Sport, die nun lediglich quantitativ und auch merklich qualitativ unter den älter werdenden Knochen zu leiden beginnen, prägen diese Liebe ebenso, wie die bald fünfzehn Jahre, in denen mir die SG Wattenscheid 09 eine abwechslungsreiche und spannende Exil-Heimat geboten hat.

Wie versorgen Sie sich mit zeitnahen Sportinfos? Was die Fußball-Bundesliga anbelangt, klingelt an beiden Wochenendtagen frühmorgens der Wecker. Der amerikanische offene Spartenkanal "FOX-SPORTS" überträgt jeweils eine Samstags- und eine Sonntagsbegegnung live. Zwischendurch werden die anderen Spielstände eingeblendet. Sonntags in der Halbzeitpause sieht man zudem Kurzreportagen mit allen Toren und Ereignissen vom Samstag, während es mittwochs abends zusätzlich noch eine zusammenfassende Sendung gibt. Den Rest übernimmt das Internet. RevierSport ist eine unserer wichtigsten Informationsquellen, gerade weil ihr Euch mit Bedacht auch in die "Niederungen" der Ligen verirrt.

Welcher Club fehlt Ihnen am meisten und warum genau dieser Verein? Ebenso natürlich, wie sicherlich für viele unverständlich, die SG Wattenscheid 09. Ich bin kein echtes Kind des Ruhrpotts, sondern liebevoll aus der Diaspora adoptiert worden. Als gebürtiger Mönchengladbacher war meine erste engere fußballerische Liaison natürlich die Fohlenelf vom Bökelberg.

Kumpel Uwes Hannover stieg 88/89 ab, um weiter diskutieren zu können, musste also ein Zweitligaclub her - Wattenscheid. Ich dachte nie, dass dieses Team von der Lohrheide meine "Zukunft" werden würde. Sieben Wochen in der besagten Saison 1988/89 zwischen dem 18. und dem 24. Spieltag änderten dies schlagartig. Drei 4:2-Siege und ein 5:0-Erfolg gegen den VfL Osnabrück schärften den Blick, doch erst der 6:5-Krimi bei der Kölner Fortuna am 18.März 89 fundamentierte die Entscheidung, sich diesen Verein einmal aus der Nähe anzusehen. Und dies ist, obgleich ich nunmehr auf mehr Ab- als Aufstiege mit den 09ern zurückblicken kann, und auch wenn der wirtschaftliche Aspekt alles andere als rosig wirkt, bis heute so geblieben.

Sie sind eine treue Fan-Seele, mehr als sechs Spielzeiten lang wurde kein einziges Pflichtspiel der 09er verpasst. Hinzu kamen vereinzelte Besuche beim Frauen- und Oberligateam. Diese Serie riss erst mit Ihrem Umzug nach New Mexico. Ausschlaggebend für diese Verbindung war nicht die legendäre Currywurst im Stadion, sondern das buchstäbliche familiäre Flair dieses "kleinen", müde belächelten Vereins, das erst mit der Ära Britta Steilmann einen leichten Abwärtstrend erfuhr. Bei dieser Atmosphäre der wenigen Aufrechten, die nach den Negativjahren verblieben waren und sich um den Fortbestand der Schwarz-Weißen mühten, machte es auch nichts aus, dass für uns Mönchengladbacher so manches Auswärtsspiel streckenmäßig näher lag als die eigenen Heimspiele.

Entfernung objektiviert. Wer wird Deutscher Meister, wo landen die Revier-Clubs? Gesetzt der Fall, dass sich das Leverkusen-Syndrom nicht weiter verpflanzt, sollte es Werder Bremen wohl schaffen. Der VfL, "unser geliebter Nachbar aus der Vorstadt", wird international vertreten sein. Die beiden selbstherrlichen und großen Reviervereine Schalke und BVB werden Seite an Seite die direkten UEFA-Cup-Platzierungen verfehlen und für den Sommer ausreichend Beschäftigung im UI-Cup finden.

Und Liga zwei? RWO wird in unverdienter Stille einen unbeachteten Aufstieg vollziehen. Daran wird auch die augenblickliche schwächere Periode nichts ändern. Der ambitioniert in die Saison gestartete MSV wird seine Abschlussplatzierung in der unbedeutenden Region jenseits von Gut und Böse finden.

Was sagen Sie zum Highlight Bochum und zum finanzkaspernden BVB? Auch wenn es Einem aus der sportlichen Rivalität seit 1990/91 heraus und besonders aus der historischen wie regional-politischen Wattenscheider Sicht natürlich schwer fällt, ein gutes Haar an den "Besetzern aus der verbotenen Stadt" zu lassen, muss ich doch objektiv und ohne die schwarz-weiße lokalkolorierte Vereinsbrille dem VfL und seiner augenblicklichen Leistung ein Riesenlob zollen. Was mit geringen Mitteln in dieser Saison auf die Beine gestellt wurde, nötigt Respekt ab und führt millionenschwere Bemühungen, wie sie im Umfeld der größten Turnhalle Deutschlands in Gelsenkirchen oder einem ausgebauten Westfalenstadion in Dortmund angestrengt werden, ad absurdum. Mein ehrliches Mitleid mit dem gescheiterten BVB-Größenwahn hält sich in Grenzen. Begriffe wie "schier kriminelle Naivität" und "verantwortungslose Fahrlässigkeit" dürften angesichts dieses Possenspiels als Kompliment verstanden werden.

Eine Umkehrung der Revier-Herrschaft? Das ist verfrüht. Der VfL hat zwar im Augenblick landauf, landab die Lacher wie auch vereinzelt die Neider auf seiner Seite, wird allerdings erst einmal längerfristig beweisen müssen, dass das derzeitige Hoch kein Strohfeuer ist.

Die Fan-Seele hat sich geändert? Der Fan von Heute ist in der breiten Masse zum Erfolgs- und Event-Konsumenten mutiert, der sich mit einer gewissen Legionärsmentalität ausgerüstet, bereitwillig die "eigenen" Farben wechselnd, dem jeweils aktuell Angesagten und Erfolgreichen zuwendet. Freizeit ist ein zu kostbares Gut geworden, als dass man auch noch im Ärger seinen eigenen Herzinfarkt finanzieren möchte.

Sport im "Pott" - Sport in USA - vergleichen Sie? Es ist alleine schon in Hinblick auf die Fläche und die unterschiedliche Bevölkerungsdichte schwer, die USA mit dem verhältnismäßig kleinen Ruhrgebiet zu vergleichen. Die wesentlichste mir bislang geläufige Unterscheidung dürfte wohl die der Interpretation von Sport in seinem eigentlichen Charakter sein. Während im "Pott" wie in den USA der Sport eine Identifikationschance für den eigenen Favoriten bietet, geht gerade im Bereich der Mannschaftssportarten der in Deutschland bekannte Charakter aktiver Freizeitgestaltung etwas verloren. Hier betreibt man einen solchen Sport nicht zum Spaß, es ist "Kampf", manchmal gar ein von den Medien mit getragener "Krieg" zweier Städte. Allerdings zumeist ohne die Ausschreitungen der rivalisierenden Fanlager.

Und der weitere US-Aspekt? Andererseits ist das Sportwochenende ein Familien-Event. Man fährt zum Picknick ins Stadion, um bei Popcorn, Coke und Hotdog einige Zeit gemeinsam zu verbringen. Deshalb ist dem Fußball auch nicht der große Durchbruch gelungen. Er ist verpönt, weil er im Vergleich zum Baseball und Basketball zu hektisch ist und vom Zuschauer eine gewisse Konzentration fordert sowie nicht den Geist amerikanischer Sportarten wie Football, Eishockey, Nascar-Rennen trifft.

Männer-Fußball ist ein US-Durchfaller? Keine Helme, keine Panzer oder Polster und durch sein Regelwerk verweichlicht, scheint der deutsche Volkssport Nummer Eins gerade einmal für Frauen geeignet. Die allerdings diese Sparte ihrerseits, von den frühen Mädchenmannschaften angefangen, konsequent ausnutzen, wie auch die internationalen Leistungen der US-Girls verdeutlichen. Dies stellt zugleich ein weiteres Manko des amerikanischen Herrenfußballs dar. Der Amerikaner als solcher liebt den Erfolg, er ist süchtig danach und braucht in der Masse die Bestätigung. Diese findet er bei den Herren nicht. Somit interessiert den Durchschnittsamerikaner dieser Sport auch nicht sonderlich.

Die Medien zementieren diese Sichtweise. Traditionell wird diese Denkweise in der Berichterstattung weitestgehend geschürt und mitgetragen. Mit Ausnahme der Großereignisse sowie, zu Zeiten eines Lance Armstrong, der Tour de France, findet kaum eine internationale Sportdokumentation statt. Lediglich Spartensender versuchen, diese Lücke zu schließen. Regionalkanäle zeigen lieber den an 127. Stelle im Läuferfeld trabenden Teilnehmer, wenn es sich bei diesem um den bestplatzierten Amerikaner handelt. Das internationale, führende Feld und der Kampf an der Spitze interessieren regional nicht.

Die Struktur-Basis des Sports ist auch anders. Einer der markantesten Unterschiede ist, dass in Deutschland ein Konstrukt an selbständigen Vereinen in einem hierarchischen Ligenverband den Breitensport trägt, während sich in den USA ein Modell der Schul- und College-Ligen durchgesetzt hat, die in ihren Sportarten immer zunächst einen Staatenmeister ermitteln, der danach in den überregionalen Wettkampf tritt. Sportbegeistert sind, jede auf ihre urtümliche Art, beide der beiden verglichenen Fleckchen Erde. Der gravierende Unterschied liegt im Naturell der Menschen dieser Regionen und ihrer Sport-Erziehung und Denkweise. Interview: Oliver Gerulat

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