Großes Geschrei an der Seitenlinie: „Was macht ihr? Was macht ihr?“, ruft Sven Hozjak immer wieder. Andrius Balaika ist ebenso fassungslos: „Was macht er? Wie kann er den nicht reinmachen?“ Währenddessen liegt Xhino Kadiu im Hammer Strafraum, seine Direktabnahme per Außenrist ist Zentimeter am linken Torpfosten vorbeigegangen. Kadiu zieht sich das Trikot vors Gesicht, seine Teamkameraden schütteln den Kopf und drehen ab – eine typische Szene am Sonntagnachmittag in der GFT-Arena im Sprockhöveler Baumhof.
Mehrfach hatten die Sprockhöveler den Torschrei auf den Lippen, gingen am Ende aber ohne Erfolgserlebnis vom Feld – nachdem sie dem Favoriten in den ersten 45 Minuten den Schneid abgekauft und ihn in der zweiten Hälfte dann über weite Strecken dominiert hatten.
Von Anfang an präsentierten die Sprockhöveler sich ganz anders als in den vergangenen Wochen – attackierten aggressiv und konsequent schon vor der Mittellinie, waren mutig im Passspiel, selbstbewusst im Dribbling. Und auch wenn die Hammer die ersten Abschlüsse hatten, hatte die TSG die erste richtig dicke Chance nach 20 Minuten: Xhino Kadiu setzte sich erst in der Luft und dann auch am Boden gegen HSV-Kapitän Kröner durch (der Sprockhöveler gewann dieses Duell über das ganze Spiel gesehen klar), blieb auch als er festgehalten wurde auf den Beinen, ließ sich aber von diesem Notbremsenversuch aus dem Tritt bringen und schob den Ball in die Hände von Torwart Peters – ärgerlich. Auf der anderen Seite tanzte Laurenz Wassinger die TSG-Abwehr mit drei Körpertäuschungen aus, seinen Versuch lenkte Sven Möllerke mit den Fingerspitzen um den linken Pfosten.
Es war ein packendes Spiel auf Augenhöhe, zwei Mannschaften die sich gegenseitig hart attackierten, gleichzeitig aber auch teils sehr ansehnliche Angriffe ausspielten – so wie nach 26 Minuten, als Ralf Schneider knapp übers TSG-Tor schoss und Xhino Kadiu eine Minute später eine Dytko-Flanke per Flugkopfball übers Tor jagte. Beide Mannschaften gingen voll drauf aber auch hohes Risiko damit – besonders Andrius Balaika justierte an der Linie (noch) mehr nach als üblich.
Mit dem Seitenwechsel kippte dann das Spiel: Während Hozjak seiner Elf eine „grausame“ zweite Hälfte bescheinigte, hatte die TSG fast in jeder Szene die Oberhand. Das Offensiv-Quartett Ramaj, Dytko, Buceto und Kadiu war auf dem Kunstrasen schneller, wendiger, trickreicher als die HSV, eroberte mit Unterstützung von hinten viele Bälle schon tief in der gegnerischen Hälfte und spielte eine Reihe blendender Torchancen heraus: Kadiu verfehlt mit dem Außenrist (wie eingangs beschrieben) knapp (56.). Kadiu lässt Kröner abermals stehen, übersieht dann aber den mitgelaufenen Ramaj (67.), Buceto, Dytko und Kadiu werden nach Ramaj-Flanke mehrfach geblockt (73.). Kadiu tanzt Kröner aus, schießt aber aus spitzen Winkel Peters an (auch 73.). Wasilewskis Volleyschuss landet bei Peters (80.), Federicos Fallrückzieher geht drüber (84.). Immer noch 0:0, beide Trainer tobten.
In den Schlussminuten warf die TSG alles nach vorne und wurde fast bestraft, doch Manuel Dieckmann traf bei einem der seltenen HSV-Gegenstöße nur den Pfosten – die letzte Chance hatte dann Elsamed Ramaj, dessen Volleyschuss ans Außennetz ging – und Schluss.
Und während Hozjak eingestehen musste, dass seine Mannschaft so im Titelrennen nichts zu suchen habe, war Andrius Balaika sehr enttäuscht: „Wir waren sehr gut gegen den Ball, haben wenig zugelassen und uns haben sich genügend Möglichkeiten geboten – wir haben zwei Punkte verloren, aber einen Zähler und die Leistung nehmen wir für die Moral mit.“ Es war das beste Spiel seiner Mannschaft seit Wochen – nur das Ergebnis passte nicht.