Etwas bizarr mutet die plötzliche Auferstehung von Hö.-Nie. dann doch an. Nicht nur im Spiel gegen Velbert, sondern in der gesamten Rückrunde zeigten die Kalkarer "Bullen" ihre ganz eigene Interpretation der Auferstehung à la Phönix aus der Asche: Von den 27 Zählern nach 30 Spielen wurden 21 in der Rückrunde geholt. Gegen Velbert ging man am Ende zwar mit leeren Händen vom heimischen Acker, der sich in einem überraschend guten Zustand präsentierte, aber letztlich ließen sich nach der Partie erneut Auferstehungs-Erscheinungen diagnostizieren.
"Wir kriegen direkt nach der Pause das 0:3. Da dachte jeder: Jetzt schießen die uns ab. Velbert hatte ja auch richtig Bock darauf," meint Hö.-Nie. Trainer Georg Mewes zum Spielverlauf in der Partie gegen die SSVg Velbert. Mit der Reaktion seiner Mannschaft hat selbst der immer positive Vater des Hö.-Nie.-Erfolgs nicht gerechnet: "Plötzlich haben wir dann Fußball gespielt. Wir sind nochmal ran gekommen und hatten mehrere Chancen sogar was mitzunehmen," sagt Mewes nach dem 1:3 gegen Velbert.
In Kalkar schwindet nach vier sieglosen Partien, fünf Punkten Rückstand auf den rettenden Platz 14 und nur noch drei ausstehenden Spielen jedoch so langsam die Hoffnung auf das so stark erhoffte Wunder. Das muss auch Mewes unumwunden zugeben: "Ich habe vor einer Woche gesagt, dass wir nach der nächsten Niederlage weg sind. Die gab es gegen Velbert. Ob das jetzt das Ende ist? Ich weiß nicht. Einfacher ist es jedoch nicht geworden," meint er.
Vorwerfen lassen kann sich der 68-Jährige jedoch nicht viel. Nur mal ein Auszug aus den sicherlich viel komplexeren und zahlreicheren Problemen, mit denen Mewes nach seiner Rückrunden-Rückkehr umgehen musste: Er übernahm eine tote Mannschaft mit sechs Punkten aus 17 Spielen, er musste die Spieler aus einem Loch holen und neu motivieren, teils schwere Verletzungen von Leistungsträgern wie Andre Trienenjost, Arne Kleinpaß und Ajdin Mehinovic und erst kürzlich Niklas Klein-Wiele verkomplizierten Mewes' Arbeit und der bereits besiegelte Verlust von 15 (!) Spielern zur nächsten Saison schaffte zusätzliche Motivationsprobleme.
Meine Spieler sind keine Maschinen, aber körperlich können die Jungs noch. Die Köpfe sind leer. Unser mögliches Scheitern wird reine Kopfsache sein.
Georg Mewes, Hö.-Nie-Trainer
Und was sagt Mewes selbst? "Ich und die Mannschaft brauchen uns nichts vorwerfen lassen. Die Hinrunde hat uns das Genick gebrochen. In der Rückrunde haben wir 21 Punkte geholt. Am Ende muss man aber konsternieren, dass wir uns vom ersten Spieltag an nichts erlauben durften. Der Druck war immer da." Ein mentaler Druck, den Mewes in den letzten Partien dann auch bei seinen Spielern auf dem Platz erkannte: "Meine Spieler sind keine Maschinen, körperlich können die Jungs noch. Die Köpfe sind leer. Unser mögliches Scheitern wird reine Kopfsache sein. Man hat es doch gegen Velbert gesehen: 0:3-Rückstand und plötzlich spielen meine Jungs. Und warum? Weil es vermeintlich um nichts mehr ging und wir keinen Druck mehr hatten," analysiert Mewes die Situation seines Teams.
Letztlich scheint Hö.-Nie. zur endgültigen Auferstehung und dem Klassenerhalt die mentale Stärke zu fehlen. Verübeln sollte man es den tapferen Kalkerern und ihrem sympathischen Kult-Trainer im Falle eines Abstiegs jedoch nicht, auch wenn sie entgegen des griechischen Mythos dann nicht wie Phönix aus der eigenen Hinrunden-Asche auferstehen konnte.