Für den Bau des zweiten Platzes stemmt der Klub hohe Investitionskosten. Jugendleiter Jörg Koßek und Projektleiter Patrick Gödeke erklären im Interview, welche Überlegungen dahinter stecken.
Wozu braucht der SV Rhenania Bottrop einen zweiten Kunstrasenplatz? Koßek: Wir bewegen uns beim SV Rhenania auf die 700 Mitglieder zu, 600 davon treten in unseren Mannschaften gegen den Ball. Es gibt Tage, an denen sich gleich vier Seniorenteams den Kunstrasen zum Training teilen müssen. Kinder und Jugendliche wollen heute nicht mehr auf der Asche spielen. Auch die Eltern entscheiden bei der Vereinssuche danach, ob ein Kunstrasenplatz vorhanden ist.
Gödeke: Die Frequenz auf beiden Plätzen ist aktuell enorm hoch. Auf der Asche kann bei Regen und Frost nicht gespielt werden. Ein zweiter Kunstrasen würde unsere Möglichkeiten deutlich verbessern. Man muss bedenken, dass wir allein in der Jugendabteilung 18 Mannschaften haben, die Spiel- und Trainingsfläche benötigen.
Wie hat sich die Struktur im Verein geändert, seit dem auf einem Kunstrasen gespielt werden kann? Koßek: Das war ganz deutlich zu spüren. Wir sind innerhalb kurzer Zeit um 200 Mitglieder gewachsen, nicht nur in der Jugendabteilung, sondern auch bei den Senioren. Und wir sind noch nicht am Ende. Aktuell haben wir so viele Anmeldungen, dass wir in der kommenden Saison eine fünfte Senioren-Mannschaft melden können.
Gödeke: Der Kunstrasenplatz hat unsere Entwicklung sehr positiv beeinflusst. Das bestärkt uns, dass wir mit unserem Vorhaben auf dem richtigen Weg sind. Wir verstehen den Bau des zweiten Kunstrasens auch als Auftrag für die Zukunft.
Wie kam es zu der Idee, die Planung einer zweiten Spielfläche in die eigene Hand zu nehmen? Koßek: Ich bin jetzt seit 2,5 Jahren beim SV Rhenania Bottrop im Amt und schaue mir seitdem sehr genau den Trainings- und Spielbetrieb an. Festzustellen ist, dass der Ascheplatz lange nicht so häufig genutzt werden kann. Wir stoßen immer wieder an unsere Kapazitätsgrenzen.
Gödeke: Außerdem stellen wir fest, dass kaum noch jemand auf dem Ascheplatz trainieren oder spielen möchte. Dann gibt es immer lange Gesichter.
Welche Vorplanungen waren nötig, um das Projekt anzuschieben? Koßek: Wir haben eine Projektgruppe gegründet, die aktuell aus sechs Teilnehmern besteht. Wir haben uns monatlich zusammen gesetzt, viel diskutiert und wir haben Aufgaben verteilt. Im Jahr 2016 ist das ganze Projekt schon einmal richtig eingeschlafen, da hatten wir andere Baustellen im Verein. Seit Patrick Gödeke Sportlicher Leiter der Jugend ist, läuft die Planung wieder auf Hochtouren. Er ist jetzt der Projektleiter, der einen großen Teil der Aufgaben erledigt und die restlichen koordiniert. Alles in Absprache mit dem Hauptvorstand, der unser Vorhaben nach Kräften unterstützt.
Gödeke: Leicht ist es nicht, einen Kunstrasen zu bauen. Vor allem die Bürokratie schafft Hürden, über die wir erst einmal springen müssen. Die Verhandlungen und Gespräche waren zum Teil schon nervenaufreibend. Man muss sich als Team immer wieder aufschaukeln. Ein Kraftakt, eine sportliche Herausforderung. Fast wie ein Fußballspiel, in dem man einem Rückstand hinterher läuft. Aber wir schaffen das.
Wo sehen Sie den SV Rhenania in zehn Jahren? Koßek: Sportlich ist unsere Jugendabteilung schon jetzt im Aufwind. Mittel- und langfristig sollte es unser Ziel sein, Mannschaften von der D- bis zur A-Jugend in der Niederrheinliga unterzubringen. Das macht aber auch nur dann Sinn, wenn unsere erste Seniorenmannschaft der Entwicklung Schritt hält ausreichend Anreize liefert. Es wäre schade, wenn wir die Talente nach der A-Jugend an andere Vereine verlieren. Das Seniorenteam muss zurück in die Landesliga, oder zumindest in die Bezirksliga. In den nächsten zehn Jahren ist das sicher möglich.
Gödeke: Der zweite Kunstrasenplatz kann uns für die kommenden zehn Jahre noch viel Entwicklungspotenzial eröffnen. Ziel ist es, die Mitgliederzahlen zu steigern. In zehn Jahren sollten wir Heimat für 700 aktive Fußballerinnen und Fußballer sein.
Wie hoch ist das finanzielle Risiko für den Verein, müssen Schulden aufgenommen werden? Koßek: Natürlich müssen wir Kredite aufnehmen. Wir sprechen hier über ein Finanzierungsvolumen von insgesamt 280 000 Euro. Allein 80 000 Euro laufen über unsere Hausbank, die restlichen 200 000 kommen von der NRW-Bank für Sportstättenfinanzierung. Sollten wir in die Situation kommen, die Kredite nicht mehr bedienen zu können, bliebe das Risiko für Verein und Mitglieder gering und überschaubar, weil die 200 000 Euro der NRW-Bank abgesichert sind. Haften müssten wir für die Summe, die wir bei unserer Hausbank aufgenommen haben. Über 15 Jahre Laufzeit gesehen sollte das aber kein großes Problem im unwahrscheinlichen Ernstfall darstellen.
Gödeke: Für die Finanzierungslaufzeit rechnen wir mit monatlichen Belastungen in Höhe von 1600 bis 1800 Euro. Das erste Jahr ist tilgungsfrei und soll dafür genutzt werden, ein dickes Plus anzuhäufen. Um die monatlichen Kosten stemmen zu können, stützen wir uns auf ein Fünf-Säulen-Modell. Das beinhaltet die Teilhabe der Seniorenabteilung, der Jugendabteilung, privater Sponsoren, geschäftlicher Partner und dem Namensgeber für unsere Sportanlage.
Die Sportanlage soll also einen neuen Namen bekommen? Koßek: Wir haben bereits konkrete Verhandlungen geführt. Der Interessent ist bereit, über fünf Jahre monatlich 1000 Euro dafür zu bezahlen. Das würde uns natürlich enorm weiterbringen. Ein Großteil der Kosten wäre damit schon für Jahre gedeckt.
Das Projekt ist ein Mehrheitsentscheid, die Mitglieder haben sich ohne Gegenstimme für den zweiten Kunstrasenplatz ausgesprochen. War viel Überzeugungsarbeit zu leisten? Koßek: Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht und uns auf alle möglichen Fragen der Mitglieder vorbereitet. Das Projekt und seine Finanzierung haben wir dann bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vorgestellt. Da konnten wir schnell Klarheit und Einigkeit schaffen.
Gödeke: Die Bedenken und Vorbehalte sind in einer Fragerunde innerhalb von 45 Minuten komplett ausgeräumt worden. Wir wissen die Mitglieder hinter uns. Das macht uns auch ein wenig stolz.