Im Wald, im umliegenden Straßenlabyrinth oder in der berüchtigten Hochhaus-Siedlung Bergmannsfeld. Hier, irgendwo zwischen Essen und Wattenscheid, zwischen verregneter Amateur-Tristesse und funkelnder Spitzensport-Fantasie, liegt der Fußballplatz des nun wohl bekanntesten B-Kreisligisten Nordrhein-Westfalens. Hier ist der TC Freisenbruch zuhause.
Vor kurzem noch stand der Verein vor dem finanziellen Ruin – der Standort Freisenbruch war einfach nicht attraktiv genug, um der Stadt eine Kunstrasen-Anlage abzutrotzen; der Essener Osten ist nicht als Wohlfühl-Oase bekannt, geschweige denn als Sport-Standort, in den sich Investitionen lohnen. Und ein Verein mit sechs Teams – von denen eins die Ü40-Oldies sind – kann einen Kunstrasen kaum alleine finanzieren. Schon gar nicht, wenn er wie der TCF aus einem strukturschwachen Stadtteil kommt.
Irgendwann, als die Lage schier ausweglos erschien und bei der Stadt wohl schon hinter vorgehaltener Hand über die neue Verwendung des alten Ascheplatzes diskutiert wurde, begann der TCF, anders zu sein. Unter Federführung von Vorstandsmitglied Peter Schäfer gab man einen eigenen Ruhrgebietskrimi heraus und verkaufte den Green Wolf – einen Energy Drink. Den größten Coup aber landeten Schäfer und Co., als sie beschlossen, unter die 100 deutschen Fußballvereine mit den meisten Facebook-Likes zu kommen. Ein Ziel, das die Essener bald erreicht haben könnten; momentan rangieren sie auf Platz 112. Dass dann aber noch längst nicht Schluss sein soll, macht Schäfer unmissverständlich klar: „Wir wollen in der nächsten Saison definitiv in die Kreisliga A aufsteigen.“ Alles andere, so ist zwischen den Zeilen zu lesen, wäre eine herbe Enttäuschung. Bei der Realisierung des Aufstiegs-Traums hilft ab Juli Nike als Ausrüster. „Wir waren in Frankfurt in der Firmenzentrale und haben unser Konzept vorgestellt“, erzählt Schäfer, „welcher B-Ligist kann das schon von sich sagen?“
Um die Fans und Sympathisanten mit ins Boot zu holen, hat der Verein vor wenigen Tagen eine weitere PR-Offensive gestartet: Ab der neuen Saison kann jeder für fünf Euro pro Monat mitbestimmen, wie die Startelf des TCF in den jeweiligen Liga-Spielen aussehen soll, was das Bier kostet und wie hoch die Eintrittspreise bei den Heimspielen sind. „Das neue Projekt bringt die Leute, die sich jetzt wieder für den Verein interessieren, in die Position selbst Entscheidungen treffen zu können“, erklärt Schäfer.
Trotz der noch immer abenteuerlichen Bedingungen am Bergmannsbusch machte Freisenbruch für die neue Saison bereits einige Hammer-Transfers perfekt: Neben dem ehemaligen Schalker Eurofighter Mike Möllensiep kamen Mike Manske und Benjamin Venekamp. Letzterer schnupperte in seiner Karriere bereits reichlich Höhenluft. So war er für RWE, Werder Bremen II, Düsseldorf II und Fortuna Köln aktiv – nun zieht es den Altmeister in den Essener Osten. Mittlerweile ist Freisenbruch also derart bekannt, dass der Verein auch für Ex-Profis interessant wird. Klar dürfte nun auch sein, dass sich nur noch Wenige auf dem Weg zum Bergmannsbusch verirren. Und wenn doch, wird schnell klar: Der Wald, das umliegende Straßenlabyrinth oder die tristen Hochhäuser vom Bergmannsfeld; das alles ist Freisenbruch.