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Scouting: Uwe Vester und die Suche nach dem nächsten Profi
„Schnell schlägt langsam“

Scouting: Uwe Vester und die Suche nach dem nächsten Profi
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Fußballlose Zeiten kennt Uwe Vester nicht. Und das hat nicht nur etwas mit der gerade stattfindenden EM-Endrunde in Österreich und der Schweiz zu tun. Irgendein Turnier, ein Spiel, einen Lehrgang gibt es immer, und dann ist Vester vor Ort. Als Chefscout Nachwuchs beim FC Schalke 04 gilt es für den 37-Jährigen, der Konkurrenz in Sachen Talente immer einen Schritt voraus zu sein.

RevierSport sprach mit dem Diplom-Sportlehrer über seine Arbeit, den Wandel im Nachwuchsbereich und den Vergleich zu anderen Sportarten.

Uwe Vester, seit kurzem gibt es die Möglichkeit, die jungen Talente des Vereins im Olympiastützpunkt in Wattenscheid unterzubringen. Welche Idee steckt dahinter? Zunächst können Minderjährige nur in einem Internat untergebracht werden, welches eine Rundum-Betreuung ermöglicht. Das ist in Wattenscheid gegeben. Für die Jungs ist es aber auch ein großer Vorteil mal raus zu kommen, was anderes zu sehen als nur Fußball. Sie kommen dort mit anderen Sportlern in Kontakt, sehen, wie hart der Alltag eines Leichtathleten ist. Dort wird ihnen vor Augen geführt, dass das eine ganz andere Welt ist und wie hart dort das Brot verdient werden muss. Wie wurde das Angebot aufgenommen? Es ist momentan möglich eine WG mit sechs Personen im Internat unterzubringen. Im Testjahr hatten wir einen Spieler dort und die Erfahrungen waren sehr gut. Der Tagesablauf der Jugendlichen ist fest geplant! Im Prinzip besteht der Tag aus Training, Schule, Essen und Hausaufgaben. Um den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen, sind Disziplin und harte Arbeit ein Muss. Das machen wir auch jedem klar, der zu uns kommen möchte. Wir versprechen nicht zu viel, und wenn einer doch lieber wieder aufhört, ist das auch okay. Zu Beginn ist das alles noch spaßig, wenn die anderen im Klassenraum sitzen und man selbst auf dem Platz steht. Aber das vergeht schnell, vor allem im Winter. Da ist mentale Stärke gefragt, auch die Eltern müssen voll dahinter stehen. Mit der Gesamtschule Berger Feld gibt es eine feste Kooperation, die im letzten Jahr mit dem Titel der „Eliteschule“ ausgezeichnet wurde. Die Mitarbeiter, allen voran Arthur Preuß, bieten uns alle Möglichkeiten. Da kann man auch nachts anrufen, wenn man eine Idee hat. Das klappt wirklich hervorragend. Ein neues Pilotprojekt läuft bereits an! Wir wollen den Schülern ein Schulzeitunterbrechung anbieten. Die würde es erlauben, dass die zehnte Klasse für zwei Jahre absolviert wird. Das ist sinnvoll, da die Jungs gerade in diesem Alter viel unterwegs sind und einiges verpassen, was man nicht immer mit Nacharbeit aufholen kann. Die Zusammenkunft mit der Schule startete im Jahr 2000, praktisch mit ihrem Einstand auf Schalke! Dass ich beim FC Schalke gelandet bin, ist auch viel Glück gewesen. Ich habe als Co-Trainer der C-Jugend angefangen, außerdem Büroarbeiten erledigt. Nach und nach habe ich immer mehr Aufgaben übernommen, bis klar wurde, dass ich das einschränken muss, da man sonst keine einzige vernünftig ausführen kann. Jetzt sind Sie Chefscout der Nachwuchsabteilung. Gibt es in diesem Bereich noch Nachholbedarf in der Bundesliga? Jeder Bundesligist ist gut beraten, ein gut funktionierendes Scoutingsystem im Verein integriert zu haben. Das ist nicht nur eine Möglichkeit der günstigen Spielerausbildung, sondern auch der Vermittlung der Vereins-Philosophie. So werden junge Spieler an den Club gebunden, identifizieren sich mit der Mannschaft. Das sollte kein Alibi, sondern eine Pflichtaufgabe für jeden Proficlub sein.

Vielversprechende Kicker bleiben kaum noch unentdeckt. Was kann Ihr Vorteil sein? Ab der C-Jugend gibt es natürlich nicht mehr zehn Spieler, die in Frage kommen. Da wird punktuell nach Verstärkungen gesucht. In der A- und B-Jugend wird das Scouting natürlich noch spezieller. Da muss auch eine Perspektive für den Profibereich gegeben sein. Entscheidend ist, das Talent eher zu entdecken. Reich schlägt nicht immer arm, sondern schnell schlägt langsam. Je eher man Kontakt aufnimmt, desto eher kann eine Verbindung zu dem Spieler und der Familie entstehen. Das macht eine Entscheidung für den Verein dann leichter.

Talent ist eine Voraussetzung, was braucht ein Profi in spe noch? Mit dem Ball umgehen zu können, ist nicht alles. Ich achte darauf, wie sich ein Spieler verhält, wenn er nicht den Ball hat. Erfüllt er die Laufwege, hilft er seinen Kollegen, wie ist die Einstellung? Die Physis ist immer wichtiger geworden, das Spiel ist brutal schnell geworden. Aber Leistungssport ist auch eine Entscheidung fürs Leben, zumindest für einen langen Abschnitt. Es gibt einen enormen Durchlauf an Talenten, viele schaffen den Sprung nicht. Da kann der FC Schalke auf eine stolze Bilanz verweisen! Ich denke, das spricht für uns. Manuel Neuer ist da sicher ein Fall, den man erfinden müsste, wenn es ihn nicht gäbe. Da passt von der Identifikation bis zur Leistung einfach alles.

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