Als Kapitän Sebastian Rode um 21.35 Uhr auf den Balkon des Frankfurter Rathauses erschien und neben ihm zuerst Torwart Kevin Trapp den silbernen Euro-Pott in die Höhe reckte, verwandelte sich der Römerberg mit rund 8000 jubelnden und tanzenden Eintracht-Fans in ein Tollhaus. „Hier ist das das Ding, jetzt lasst uns weiter feiern“, sagt Rode mit heiserer Stimme.
Einen Tag nach der „Fiesta von Sevilla“ mit dem 5:4-Finaltriumph im Elfmeterschießen gegen Glasgow Rangers wurde den Euro-Helden von Eintracht Frankfurt eine Megaparty in einer bisher unbekannten Dimension bereitet. In der Mainmetropole herrschte Ausnahmezustand - und das trotz des Unwetters, das am frühen Abend aufgezogen war. Insgesamt waren 100 000 Anhänger in der Innenstadt erwartet worden.
Mit dem silbernen Pott im Gepäck war der Eintracht-Tross am Flughafen der Mainmetropole am Donnerstag überpünktlich gelandet. Im Autokorso ging es zum zehn Kilometer entfernten Römer, doch die Fahrt verzögert sich, weil die Cabrios immer wieder von begeisterten Anhängern gestoppt wurden. Noch vor der Ankunft setzte strömender Regen ein, begleitet von Blitz und Donner. Der Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. Die Fans stimmten umso lauter Eintrachthymnen wie „Wir sind alle Frankfurter Jungs“ oder „Hier regiert die SGE“ an.
Die Anhänger des Bundesligisten mit der Adresse „Im Herzen von Europa“ wurden nicht nur klitschenass. Sie mussten sich auch nach dem Eintreffen der Mannschaft in Geduld üben, bis sich Elfmetertöter Trapp oder Rafael Borré, der den letzten Ball vom Punkt einschoss, auf dem Balkon zeigten. In einer Feierstunde im Kaisersaal des Rathauses würdigte die Stadt den grandiosen Erfolg der Eintracht mit dem Eintrag ins Goldene Buch. „Was für ein Triumph, was für eine Mannschaft. An diesen Sieg werden sich noch unsere Enkel erinnern“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).
Der erste Gewinn eines europäischen Titels nach 42 Jahren verschafft nicht nur Frankfurt Strahlkraft, sondern auch dem deutschen Fußball mehr Ansehen und dem Traditionsclub mit inzwischen 100 000 Mitglieder viel Auftrieb. Nicht auszudenken, wenn die Eintracht, die durch den Europacup-Sieg in die Champions League einzog, auch am 10. August beim Supercup für Furore sorgt. Dann heißt der Gegner in Helsinki FC Liverpool oder Real Madrid.
Nicht nur die abertausenden Fans huldigten nach dem Sensationscoup den hessischen Starkicker, sondern auch die Politik. „Wir haben wahre Champions gesehen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Der historische Triumph sei ein großartiger Erfolg für den ganzen deutschen Sport, befand die hessische SPD-Landesvorsitzende.
Begeistert war auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier „Eintracht Frankfurt ist ein echtes Aushängeschild. Wir sind sehr stolz auf diese Leistung“, sagte der CDU-Politiker. Hin und weg war der Grünen-Bundesvorsitzende, Omid Nouripour. „Fragt nicht, ob es passiert ist. Ich weiß es nicht. Aber ich werde die nächsten 42 Jahre grinsend darüber nachdenken“, twitterte der Vorsitzende des Eintracht-Fanclubs Bundesadler im Bundestag.
Die Fußballprofis hatten bis um sechs Uhr morgens in einem Club in Sevilla den märchenhaften Erfolg ausgiebig gefeiert. „Es ist sehr feuchtfröhlich gewesen“, berichtete Vorstandssprecher Axel Hellmann dem Hessischen Rundfunk während der Fahrt in die City und frohlockte selig über „eine tolle Gemeinschaft mit großem Zusammenhalt“. Eintracht-Trainer Oliver Glasner wollte nach der großen Siegessause weiterfeiern: „Wir werden sehen, wie es in der Nacht weitergeht.“
Nach Abpfiff des Endspiels in der Nacht zum Donnerstag war zugleich Anpfiff für die große Party der außer Rand und Band geratenen Eintracht-Anhängern in den Kneipen und Straßen der hessischen Landeshauptstadt gewesen. Die Jubelschreie, Fangesänge und das unentwegte Hupkonzert der Autos wollten bis zum Morgengrauen kein Ende nehmen. Allein rund 60 000 Fans hatten im Frankfurter Stadion beim Public Viewing das Jahrhundertspiel für die Hessen erlebt.