Die Welle der Euphorie schwappte aus den USA auch nach Brauweiler über. Ehrungen vor dem Spiel, Autogramme, Interviews und Erinnerungsfotos nach der Partie - für Deutschlands Weltmeisterinnen wurde auch die erste Rückkehr in den Bundesliga-Alltag zur kleinen Feierstunde. Den größten Andrang erlebte Brauweiler, wo 1300 Fans die 1:6-Niederlage der Gastgeberinnen gegen Meister 1. FFC Frankfurt sowie gleich sechs Weltmeisterinnen sahen und für einen Besucherrekord auf dem kleinen Sportplatz sorgten.
"Das hätten wir uns nie träumen lassen. Letztes Jahr hatten wir einen Durchschnitt von 150 Zuschauern", erklärte Brauweilers Vorstand Werner Fuss, Vater der einzigen Weltmeisterin bei den Gastgebern, Sonja Fuss. Der Gast bot in Birgit Prinz, Nia Künzer, Sandra Minnert, Renate Lingor und Pia Wunderlich gleich fünf Spielerinnen auf, die vor einer Woche mit dem 2:1 über Schweden den WM-Titel in den USA geholt hatten. Und auch Rekordnationalspielerin Bettina Wiegmann schaute mit Nationalmannschaftskollegin Maren Meinert vorbei. Die beiden hatten nach dem WM-Triumph ihre Karriere im DFB-Trikot beendet.
Birgit Prinz bleibt skeptisch
"Wir hatten schon gehofft, dass einige Leute mehr kommen, als sonst üblich. Und ich hoffe auch, dass das nicht nur jetzt direkt nach der WM so ist, sondern auch ein bisschen anhält", sagte Künzer, die im Finale das entscheidende Tor zum Golden Goal erzielt hatte und mit Prinz und Torhüterin Silke Rottenberg noch am Samstagabend im ZDF-Sportstudio in Hamburg aufgetreten war.
Überhaupt war das Bundesliga-Comeback für die Weltmeisterinnen fast nur ein Zwischenstopp im derzeitigen Terminstress. "Es geht schon alles sehr hektisch zu im Moment, aber meist ist das noch O.k.", meinte WM-Torschützenkönigin Birgit Prinz, die am Sonntag allerdings leer ausging: "Aber es wird sich zeigen, ob das auch so weitergeht. An einen richtigen Frauenfußball-Boom glaube ich eigentlich nicht."
Dietrich nimmt die Vereine in die Pflicht
Auch der Gastgeber wurde von den neuen Verhältnissen mehrfach überrascht: Als der Stadionsprecher Frankfurts Trainerin Monika Staab direkt nach dem Spiel zum Interview bat, wurden sie plötzlich von dröhnender Musik aus den Boxen übertönt. Und um den Medienandrang ein wenig in Bahnen zu lenken, improvisierte Frankfurts Manager Siegfried Dietrich eine Pressekonferenz kurzerhand auf dem Rasen.
Dietrich, gleichzeitig Vertreter der gesamten Frauen-Liga, will die Vereine künftig mit DFB-Workshops für die Medien fit machen. "Wir müssen die Qualität auf dem Rasen auch neben dem Feld umsetzen", meint Dietrich: "Es liegt nun an den Vereinen, aus dem derzeitigen Interesse etwas Dauerhaftes zu machen. Aber ich glaube schon, dass sich die Situation noch etwas halten wird, denn wir haben jetzt einen Spannungsbogen bis zu den Olympischen Spielen 2004 in Athen."
Probleme noch nicht gelöst
Ein großes Problem im Alltagsgeschäft Bundesliga lässt sich damit allerdings auch nicht lösen. Mit dem Serienmeister Frankfurt und Turbine Potsdam hat die Liga nur zwei echte Topklubs, die übrigen Vereine hinken in allen Belangen noch hinterher. Auch am Sonntag kam an die Zuschauerzahlen von Brauweiler keiner ran - und so viele WM-Stars wie Frankfurt hat sonst auch niemand.