„Was machen wir jetzt?“, fragte ihn sein damaliger Trainer Ralf Agolli. Als bescheidener Verein war die SGS zwar in der Eliteklasse angekommen, aber dort kaum konkurrenzfähig und der direkte Abstieg vermeintlich sicher. Es kam anders: Am Samstag starten die Essenerinnen um 14 Uhr im Stadion Essen gen den FC Bayern München nun schon in ihre 14. Erstliga-Saison. Und zwar mit gewachsenen Ansprüchen.
Jahr für Jahr gaben Agolli wie auch sein Nachfolger Markus Högner das Ziel Klassenerhalt aus. Sportlich ging es ums Überleben. Doch als Daniel Kraus vor rund einem Jahr das Traineramt übernahm, hatte sich die SGS längst etabliert. Der Blick bei der SGS, er hat mit dem 33-Jährigen seine Richtung geändert. Statt in den Tabellenkeller wollen sich die Essenerinnen an der Spitze orientieren. „Wir möchten möglichst weit oben ankommen und die Großen ärgern“, erklärt Kraus.
Wir müssen zeigen, wofür das Ruhrgebiet steht: starker Zusammenhalt und harte Arbeit
Daniel Kraus
Die Großen – das sind auch in dieser Spielzeit die üblichen Verdächtigen: VfL Wolfsburg, Bayern München und Turbine Potsdam. Der 1. FFC Frankfurt scheint sich aus diesem elitären Kreis zu verabschieden. Dafür könnte der SC Freiburg aufrücken. Sportlich möchte sich die SGS zu einem Konkurrenten aufschwingen und das gleich zum Auftakt gegen den FC Bayern beweisen. Denn immerhin hat die SGS in Linda Dallmann, Sara Doorsoun und Torfrau Lisa Weiß neuerdings drei A-Nationalspielerinnen in ihren Reihen, die schon bei der EM für die DFB-Auswahl spielten.
Und aus Essener Sicht steckt eine klare Botschaft dahinter: Man möchte künftig nicht mehr nur als Talentschmiede gesehen werden. Auch wenn die Ausbildung des Nachwuchses eine Kernaufgabe bleibt. Dass die an der Ardelhütte gelingt, zeigte zuletzt nicht nur die Ehrung von Jana Feldkamp (19) mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold, die als die bedeutendste Auszeichnung im Nachwuchsbereich gilt. Nicole Anyomi, die neue Sturmhoffnung der SGS, ist gerade 17. Mit dieser Mischung hofft man nun, näher an die Liga-Spitze heranzurücken. Und das, obwohl die SGS aus finanzieller Sicht Welten von den Top-Klubs trennen. So geht die SGS mit einem Etat im mittleren sechsstelligen Bereich ins Rennen, während Bayern, Wolfsburg und Co. wohl mindestens das Vierfache zur Verfügung steht. „Deshalb müssen wir demütig in die Saison gehen“, bemerkt Kraus. Die Möglichkeiten des FCB zeigen sich beim Transfer der Ex-Essenerin Mandy Islacker, für die eine fast sechsstellige Summe nach Frankfurt geflossen sein soll.
In dieser Größenordnung ein Novum in der Frauen-Bundesliga. Einer solchen Finanzkraft möchte die SGS mit „Ruhrpott-Tugenden“ begegnen. „Wir müssen zeigen, wofür das Ruhrgebiet steht: starker Zusammenhalt und harte Arbeit.“ Mit einem ähnlichen Erfolgsrezept dürfte auch der zweite Revierklub am Sonntag beim SC Freiburg in die neue Saison starten: Denn finanziell geht es dem MSV Duisburg nicht besser als den Essenerinnen.
Doch den Status als etablierte Erstliga-Mannschaft muss man sich im zweiten Jahr nach dem Aufstieg erst noch erarbeiten. Als Zehnter der Vorsaison musste der MSV lange zittern, auch wenn das Polster auf den ersten Abstiegsplatz letztlich beruhigend war. In Essen freute man sich darüber. „Die Derbys sind immer besondere Spiele und natürlich ist es auch unser Ziel, am Ende vor Duisburg zu stehen“, so Kraus.