2. Bundesliga

Morddrohungen gegen Spieler des 1. FC Nürnberg

Die Drohplakate gegen Dietmar Hopp hatten in den vergangenen Tagen in der Bundesliga für Entsetzen gesorgt. Nun scheinen die Anfeindungen in deutschen Fußballstadien am Freitagabend eine neue Dimension erreicht zu haben. Nach dem Zweitliga-Spiel des 1. FC Nürnberg gegen Hannover 96 (0:3) wurde bekannt, dass es am Morgen im Umfeld des Nürnberger Max-Morlock-Stadions und des FCN-Trainingsgeländes mehrere Droh-Plakate in DIN-A-4-Größe gegen die „Club“-Profis gegeben hatte.

Zudem pappten an verschiedenen Stellen rund um das Stadion weitere Aufkleber mit teils konkreten Bedrohungsszenarien. Der Verein schaltete umgehend die Polizei ein. Die Ermittlungen gegen Unbekannt laufen. Eines der Plakate tauchte später auch im Internet auf. Die Botschaft: widerlich, gar kriminell. Wann trenne sich der Verein endlich „von solchen Anti-Fußballern“ wie Lukas Mühl, Hanno Behrens und so weiter, hieß es dort. Die Anfeindungen gipfelten in dem Schlusssatz: „Muss es denn einen zweiten Fall Escobar geben“? Dabei handelt es sich um eine kaum versteckte Morddrohung, wird doch auf die Ermordung des kolumbianischen Nationalspielers Andres Escobar nach einem Eigentor bei der Weltmeisterschaft 1994 in den USA angespielt.

Nürnbergs Trainer Keller ist fassungslos

Nürnberg-Trainer Jens Keller war sichtlich aufgewühlt: „Es ist schon Wahnsinn, in welcher Welt wir mittlerweile leben, was man alles mitmachen muss, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Wir machen die schönste Nebensache der Welt, das ist Fußball. Aber da wird Fußball eine ganz kleine Nebensache.“

Sportvorstand Robert Palikuca war schier außer sich: „Das ist ein Fall, der überschreitet Grenzen!“ Er sprach von „sehr eindeutigen Drohungen“ und bezeichnete die Aktion des oder der Verursacher als „widerlich und geschmacklos“ und nannte sie „Vollidioten“. Der Verein machte selbst aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine konkreten Angaben zur Anzahl der Aufkleber oder den Inhalten.

Die von den Plakat-Drohungen betroffenen Spieler wurden vor dem Spiel informiert. Kapitän Behrens lief gegen Hannover trotzdem auf, Abwehrspieler Mühl fehlte wegen einer Verletzung. Palikuca hätte Verständnis gehabt, „wenn sie nicht Fußball spielen hätten wollen“. Die Konsequenz: Alle Trainingseinheiten werden ab sofort unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, Spieler des FCN würden vorerst auch keine Sponsoren- oder PR-Termine wahrnehmen. Begründet wurden diese Maßnahmen jedoch mit dem Coronavirus.

Keller: "Nimmt mir Spaß am Spiel"

Im Nachhinein lässt sich so auch die schwache Leistung der Mannschaft gegen Hannover erklären, auch wenn Jens Keller diese nicht allein auf die Drohungen zurückführen wollte. „Ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gibt“, sagte er. Keller setzte den Vorfall auch in den Kontext „der aktuellen Zeit, was mit Dietmar Hopp alles passiert ist, und mit den Fadenkreuzen - und dann passiert so etwas“.

Er sprach von einer „geplanten, großflächigen Aktion“, die angesichts des Aufwärtstrends seiner Mannschaft in der Rückrunde umso unverständlicher sei. „Das kann ja nicht sein. Wir haben die letzten Wochen relativ gut performt. Mir fehlen da die Worte und es nimmt einem den Spaß an dem Spiel.“