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Im Interview: Marek Lesniak - „Außer Fußball kann ich nichts“
Jubel für die Baumaschinen

Im Interview: Marek Lesniak - „Außer Fußball kann ich nichts“
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Nach einem Tor besprang Marek Lesniak einst den Zaun, um den dahinter postierten Baumaschinen zuzujubeln. Doch hätte er danach bloß mehr auf Sektempfängen rumgehangen – dann wäre er heute wohl mehr als nur Trainer in der Landesliga.

Herr Lesniak, können Sie sich noch an den 18. September 1993 erinnern?

Das Spiel gegen England?

Nein, Sie spielten mit Wattenscheid im Münchener Olympiastadion gegen den FC Bayern...

Ja, richtig, das Spiel endete 3:3. Kurz zuvor spielten wir aber mit der polnischen Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel gegen England – vor 80.000 Zuschauern! Wir führten lange Zeit mit 1:0, und ich spielte gar nicht schlecht, vergab aber zwei hundertprozentige Chancen. Es waren solche Chancen, die du als Stürmer einfach machen musst. In der 90. Minute glichen die Engländer zum 1:1 aus. Wir verpassten schließlich die Qualifikation. Das war der bitterste Moment in meiner Karriere. Tags drauf war ich der Buhmann der Nation.

Und wenige Tage später dann der Held von München.

Genau, bei dem 3:3 schoss ich alle drei Tore für Wattenscheid.

War dies das Spiel Ihres Lebens?

Nein. In diesem Spiel machte ich nur die drei Tore, das waren ganz einfache Dinger. Zwei hatte ich mir selbst erarbeitet, das dritte Tor war schön vorbereitet. Das Spiel meines Lebens machte ich ein halbes Jahr zuvor, in der Saison 1992/93, auch mit Wattenscheid und auch gegen die Bayern. Ich schoss in der 79. Minute den 2:0-Endstand – per Fallrückzieher.

Und plötzlich stand die Zeit still...

Es war zumindest ganz irreal. Eigentlich war danach gar nichts, ein totaler Black-Out. Ich habe mir die Ausschnitte von diesem Spiel schon mehrmals auf Video angesehen. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, was danach in mir vor ging. Ich kann mich nur erinnern, dass alle froh waren. (lacht)

Ein Stürmer der SG Wattenscheid 09 wurde so zum Albtraum des FC Bayern.

Genau. Manchmal kamen Bayern-Spieler sogar zu mir und versuchten mich zu verunsichern. Vor diesem 3:3-Spiel sagte Raimond Aumann: „Aber heute gibt’s keinen Fallrückzieher!“ Dann lachte er. Auf den Fallrückzieher verzichtete ich, ich schenkte ihm einfach drei andere Tore ein. Nach dem Spiel habe ich dann gelacht. Das war ein schöner Moment. Und ja, es stimmt, ich habe fast immer gute Spiele gegen die Bayern gemacht. In meiner ganzen Karriere habe ich nur ein einziges Mal gegen den FC Bayern verloren. Wer gegen München gewinnen will, muss mich nur anrufen. (lacht)

Glauben Sie, dass gerade diese Spiele Sie zu einer Art Kultfigur gemacht haben?

Vielleicht. Die Fans haben aber auch gemerkt, dass ich mich immer zerrissen habe, ich habe stets bis zum Umfallen gekämpft, egal bei welchem Verein ich gespielt habe. Zugleich bin ich immer auf dem Boden geblieben. Nie wurde mir vorgeworfen, dass ich arrogant geworden und abgehoben sei, nur weil ich in der Bundesliga spielte und ein bisschen mehr Geld verdiente. Ich hatte immer ein offenes Ohr für Fans, egal wann und wo, ob vor oder nach dem Spiel, ob in der Fußgängerpassage beim Eisessen oder morgens beim Bäcker.

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