Wer den SC Preußen in dieser Saison intensiv beobachtet, der kann sich einer durchaus ernüchternden Erkenntnis nicht länger erwehren. Die Adlerträger sind in vielen Facetten nicht mit der Mannschaft aus der Vorsaison vergleichbar - und das trotz nahezu identischem Personal auf dem Platz.
Fußballerische Horrorshow
Die Euphorie, die unter dem neuen Trainer Ralf Loose seit dem Punktgewinn im Derby beim VfL Osnabrück am 2. Oktober grassierte, ist nun bereits wieder verpufft. Nicht nur das blanke Ergebnis der 1:2-Heimniederlage am vergangenen Freitagabend gegen Hansa Rostock schockte die Münsteraner, viel mehr war es die Art und Weise, wie der SCP agierte. Vor 11.194 Zuschauern im Preußenstadion war an der Hammer Straße lediglich die Stimmung auf den Rängen ansehnlich, die Vorstellung der meisten Münsteraner Akteure auf dem Platz glich einer fußballerischen Horrorshow.
Weit nach vorne geschlagene lange Bälle, keine Ideen aus der so vielfach besungenen kreativstarken Mittelfeldzentrale und die Rückkehr der Unkonzentriertheiten im Defensivspiel: Das ist nicht das Preußen der Vorsaison. "Die Leichtigkeit der letzten Saison fehlt uns. Wir sind im letzten Jahr sensationell gestartet und haben die Euphorie komplett mitgenommen. Jetzt wissen die Gegner, wie sie uns bespielen müssen, und momentan haben wir darauf keine Antworten", gab Routinier Jens Truckenbrod zu. Der 33-Jährige hatte für eines der wenigen Glanzlichter gesorgt, indem er mit seinem ersten Treffer seit Februar 2012 zum zwischenzeitlichen 1:1 kurzzeitig für Hoffnung gesorgt hatte.
Scherder pokert hoch
Nach der zweiten Niederlage in Folge hat der SCP nur noch zwei Punkte Vorsprung vor dem ersten Abstiegsplatz. Die klaren 4:0-Erfolge in Chemnitz und gegen Borussia Dortmund II sind fast schon wieder vergessen. Die Münsteraner stellen sich auf einen langen und beschwerlichen Abstiegskampf ein und kommunizieren das auch ganz offen. "Du musst erstmal die Punkte sammeln und vorher darf niemand über etwas Anderes als den Klassenerhalt reden", sagt Abwehrspieler Patrick Kirsch.
Völlig unverständlich mutet da an, welche Nebenkriegsschauplätze einige Preußenspieler in dieser schwierigen Phase eröffnen. Die Suspendierung für Rechtsverteidiger Kevin Schöneberg ist lang und breit erörtert worden, doch nun gibt es auch Unstimmigkeiten um Innenverteidiger Simon Scherder. Das Eigengewächs hatte sich in den vergangenen Wochen einen Stammplatz erarbeitet und mit starken Leistungen überzeugt. Die Vereinsverantwortlichen der Münsteraner forcierten daraufhin die Bemühungen um eine Vertragsverlängerung über den Sommer hinaus, wie auch von Loose ausdrücklich gewünscht. Scherder will sich aber Zeit lassen und zögert mit der Unterschrift. Ein klares Bekenntnis zum SCP sieht anders aus.
Ungewisse Zukunft
Der 20-Jährige wurde nach zwei krassen Fehlern gegen Darmstadt und seinem Zaudern um die Verlängerung von Loose gegen Rostock aus der Mannschaft genommen, Dominik Schmidt hat nun gute Chancen, ihn auch in den nächsten Partien in der Startelf zu ersetzen. Scherder steht plötzlich vor einer ungewissen Zukunft und mit ihm sinnbildlich der SC Preußen, der sich von einem Aufstiegskandidaten zu einer Kellermannschaft gewandelt hat. Keine gute Bilanz nach 15 absolvierten Spieltagen.