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Auch der Gegner verstand die Welt nicht mehr. "Für mich ist es sehr schwer, das von meiner Mannschaft Gezeigte zu erklären. Für das Spiel und die Leistung möchte ich mich bei unseren Fans ausdrücklich entschuldigen", gab Chemnitz' Trainer Gerd Schädlich nach dem Spiel gegen Münster zu. Nur wenige Minuten später stellte der seit 2008 beim CFC tätige Coach sein Traineramt völlig überraschend zur Verfügung.
Loose ist angekommen
Die 0:4-Niederlage der Sachsen gegen Preußen Münster hatte Spuren hinterlassen, mindestens ebenso große waren es indes auf Seiten der siegreichen Adlerträger. Schon der starke Auftritt vier Tage zuvor beim 1:1 im abermals heiß umkämpften Derby in Osnabrück hatte dem SCP Mut gemacht, in Chemnitz folgte dann die Kür. Bei dem ebenfalls tief gefallenen Konkurrenten überzeugte Münster erstmals wieder seit dem zweiten Spieltag, als man dem hoch gehandelten Retortenklub RB Leipzig auswärts ein 2:2 abgerungen hatte.
Der Kantersieg hinterließ zudem den Eindruck, dass auch der neue Trainer Ralf Loose mittlerweile bei den Preußen angekommen ist. Seit drei Wochen ist der gebürtige Dortmunder nun im Amt, es war der erste Sieg unter seiner Führung. Nach holprigen Auftaktspielen hat der 50-Jährige kräftig an der Genetik der Mannschaft geschraubt und vor personellen Veränderungen keinen Halt gemacht. Arrivierte Kräfte aus der Vorsaison spielen derzeit nur die zweite Geige, junge Nobodys zeigen starke Leistungen und verdienen sich ihren Einsatz in der Stammelf. "Bei uns klappt Vieles, was in den letzten Wochen zuvor nicht funktioniert hat", gab Philip Röhe nach dem Chemnitz-Spiel zu Protokoll. Der erst 19-Jährige, der kurz vor Schluss als Joker zu seinem ersten Drittligaeinsatz gekommen war, steht sinnbildlich für die junge wilde Horde beim SCP.
Keine Rücksicht auf große Namen
Loose verbannte Kevin Schöneberg und Michael Holt für eine Woche komplett aus dem Kader der ersten Mannschaft und schickte sie zur Reserve in die Westfalenliga, nachdem beide zu spät zu einer Trainingseinheit erschienen waren. Mehmet Kara, der nach seiner Rückkehr aus der Türkei vor Monaten noch der große Hoffnungsträger des SCP war, sieht derzeit kein Land gegen die erstarkte Konkurrenz im Mittelfeld um Marcus Piossek und Gaetano Manno. Und auch Fabian Hergesell fand sich beim Spiel in Sachsen plötzlich nicht einmal mehr im 18er-Kader der Gäste wieder. "Er ist momentan mit dem Kopf nicht ganz dabei", erklärt Loose die Maßnahme.
In der komplett neuformierten Viererkette geben aktuell die Nachwuchskräfte den Ton an. Lediglich Routinier Patrick Kirsch (32 Jahre) konnte seinen Platz bisher behaupten, Rechtsverteidiger Julian Riedel (22), Innenverteidiger Simon Scherder (20) und Linksverteidiger Robin Neupert (22) geben der Defensive Halt. Nur ein Gegentor kassierte der SCP in den letzten drei Ligaspielen, 19 Gegentreffer waren es in den zehn vorherigen Drittligabegegnungen. "Ich freue mich über das Vertrauen des Trainers und hoffe, dass ich es weiterhin mit guten Leistungen zurückzahlen kann", sagt Simon Scherder. Unter Ex-Coach Pavel Dotchev waren die Youngster kaum oder gar nicht berücksichtigt worden.
Unruhe bahnt sich an
Dass arrivierte Kräfte wie Kapitän Stefan Kühne, Rekonvaleszent Dominik Schmidt, Hergesell, Schöneberg oder Kara aktuell kein gutes Standing haben, wird auf Dauer für Unruhe sorgen. Doch Loose scheint sportlich gute Argumente für den Einsatz der Nobodys zu haben, die das Vertrauen bislang rechtfertigen. "Wir waren schon in Osnabrück und Heidenheim nah dran, in Chemnitz war es dann endlich soweit. Die Mannschaft macht das gut", freut sich Münsters Trainer. Nach der Länderspielpause soll die Rückkehr zu alter Stärke im Heimspiel gegen den BVB II eine Fortsetzung finden.