In der tiefen Enttäuschung über die gescheiterte Relegation mochte Ole Werner über seine Zukunft nicht sprechen. Und so verweigerte der Trainer von Holstein Kiel unmittelbar nach dem 1:5 gegen den 1. FC Köln auch kein klares Bekenntnis zum Verbleib beim Fußball-Zweitligisten. „Man wird sich in ein, zwei Tagen zusammensetzen, die Saison Revue passieren lassen, auch einen Ausblick geben, was der Verein in der nächsten Saison vorhat, was ich vorhabe“, sagte der 33-Jährige. Er bleibe noch einige Tage in Kiel, bevor er eine Woche in den Urlaub fährt.
Auch wenn er mit seiner Mannschaft durch die Niederlage am Samstag im Relegations-Rückspiel gegen den Bundesliga-16. den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga verpasst hat, darf sich Werner als einer der Gewinner der Saison fühlen. Noch vor anderthalb Jahren ein No-Name-Trainer, taucht sein Name nun auf den Spekulationslisten von Vereinen mit Trainer-Vakanzen auf.
Der Sieg im DFB-Pokal gegen Bayern München, der Einzug ins Halbfinale gegen Borussia Dortmund, der Umgang mit den zwei Corona-Quarantänen und der anschließenden Stresstour von elf Spielen in etwas mehr als einem Monat sowie der 1:0-Sieg im Relegations-Hinspiel in Köln haben Eindruck gemacht - nicht nur im Bundesland zwischen Nord- und Ostsee.
Immer wieder wird Werner mit Bundesliga-Absteiger Werder Bremen in Verbindung gebracht. Was für Holstein spricht, ist, dass der in Preetz bei Kiel geborene Trainer nach 15 Jahren in dem Verein fest verwurzelt ist - und er besitzt noch einen Vertrag bis 2022.
Sollten die Kieler tatsächlich ihren Trainer verlieren, wäre das aber auch keine neue Situation für den Verein. Schon nach der gescheiterten Relegation 2018 hatten sie Markus Anfang zum 1. FC Köln ziehen lassen, ein Jahr später wechselte nach nur einer Saison Anfangs Nachfolger Tim Walter zum VfB Stuttgart. Bislang gelang Holstein jedes Mal der Umbruch.
Der steht den Norddeutschen auch in der kommenden Saison bevor - ob mit oder ohne Werner. Zwischen dem 21. und 27. Juni werden die Kieler die Vorbereitung auf die neue Spielzeit beginnen. Und der Kader wird dann ein anderer sein.
Stürmer Janni Serra, mit 13 Treffern bester Holstein-Torschütze der Saison und am Samstag gegen Köln verletzungsbedingt schmerzlich vermisst, wechselt laut übereinstimmenden Medienberichten zum Bundesligisten Arminia Bielefeld.
Der Vertrag von Jae Sung Lee, der mit seinen fußballerischen Qualitäten oft den Unterschied ausgemacht hat und Schütze des zwischenzeitlichen Ausgleichs am Samstag war, läuft ebenfalls aus. Ein Vereinswechsel ist wahrscheinlich. Die TSG Hoffenheim oder auch Kiels Ligarivale Hamburger SV wurden als mögliche neue Arbeitgeber für den südkoreanischen Nationalspieler genannt. Auch andere Spieler haben durch die starke Saison auf sich aufmerksam gemacht.
Bis zum Start der Saisonvorbereitung müssen Trainer Werner und seine Spieler aber den Frust über das unglückliche Ende der erfolgreichsten Saison in der Vereinsgeschichte verarbeiten. „Wir haben im Kreis angesprochen, was für eine Wahnsinnssaison das war“, berichtete Routinier Fin Bartels über die Szenen auf dem Platz nach dem Abpfiff. „Wenn du drei Mal die Chance hast, den Traum von der Bundesliga zu realisieren, und es drei Mal nicht schaffst, ist erst einmal nur Enttäuschung.“
Im Ligabetrieb hätten die Kieler nur eines der letzten beiden Ligaspiele gewinnen müssen, um den Direktaufstieg zu schaffen. Stattdessen kassierten sie Niederlagen gegen den Karlsruher SC und den SV Darmstadt 98. Nun das Scheitern in der Relegation.
Werner war weit davon entfernt, seiner Mannschaft einen Vorwurf zu machen: „Wenn ich sehe, wer uns heute gefehlt hat und wenn ich weiß, wer auf dem Platz stand und eigentlich überhaupt nicht einsatzfähig war, dann ist das ein Ausdruck dessen, was die Mannschaft mit dem elften Spiel innerhalb von etwas mehr als einem Monat an Körnern gelassen hat“, meinte der jüngste Trainer im deutschen Profi-Fußball.
Vor den Fans vor dem Stadion zog Werner das passende Fazit: „Am Ende war es ein Wunder zu wenig.“ Ob er nächste Saison weiter an einem Wunder an der Förde arbeitet, ist mehr denn je offen. dpa