Dienstagmittags zwischen zwei Trainingseinheiten sind Bochums Profis auf dem Weg zu einer warmen Mahlzeit. Nicht so Christoph Kramer, der sein Tagewerk mit der Vormittagseinheit bereits absolviert hat. Der Mittelfeldspieler steigt in seinen Scirocco und macht sich auf den Weg zu seinen Eltern nach Solingen. Kramer: „Ich soll nach überstandener Krankheit nicht gleich übertreiben, habe am Nachmittag frei.“
Der junge U21-Nationalspieler bewies in den letzten Tagen seine erstaunliche Reife. Kramer: „Manchmal ist weniger mehr.“ Statt seiner großen Chance, der erstmaligen Berufung in die U21-Nationalmannschaft, hinterherzuhecheln, zog er die Notbremse, sagte beim DFB-Team ab. „Ich will erst einmal gesund werden.“ Das war Kramer schon seit einigen Wochen nicht mehr. Erst zog er sich im Training der U20-Nationalmannschaft eine schmerzhafte und langwierige Fußprellung zu, danach folgte ein grippaler Infekt mit Fieber. „Ich habe die ganze Zeit nur mit Schmerztabletten spielen und trainieren können, so konnte es nicht weitergehen.“
Gegen 1860 München dann musste Kramer nach noch nicht auskuriertem Infekt mit Herzrasen ausgewechselt werden. Das war für den Youngster das letzte Warnsignal. Zwar waren danach die Blutwerte okay, aber am vergangenen Freitag gab es eine Diagnose, die den Verdacht auf Flüssigkeit am Herzmuskel und damit eine Herzmuskelentzündung nährten. Kramer: „Am Montag bekam ich die Entwarnung, die Flüssigkeit ist weg.“ Und so tastet er sich Tag für Tag im Training an die Aufgabe Cottbus heran. „Ich gebe immer Gas. Ich will immer 100 Prozent, aber manchmal ist es eben auch klug, auf seinen Körper zu hören. Auch das gehört zu einem professionellen Verhalten und da kann man immer nur selber auf sich aufpassen und Warnsignale nicht einfach ignorieren.“
"Beim VfL bin ich gut aufgehoben"
Kramer braucht sich dennoch um sein Standing bei Trainer Andreas Bergmann nicht zu sorgen. Der defensive Mittelfeldspieler ist auch dann gesetzt, wenn der Coach mit nur einem Sechser operiert. Ohne Wenn und Aber, Kramer gehört zu den Gewinnern seit dem Trainerwechsel. Dabei verkneift er sich als Youngster jeglichen Vergleich zwischen den Charakteren von Friedhelm Funkel und Bergmann, doch scheint die offene Art des neues Trainers Kramer eher zu liegen, als die des etwas distanzierteren Funkel. Kramer: „Auf jeden Fall bin ich beim VfL gut aufgehoben, der Wechsel nach Bochum für zwei Jahre war eine richtige Entscheidung.“
Seinen zweiten Wohnsitz hat er übrigens inzwischen nach Bochum verlegt. Gemeinsam mit Stefan Grummel von Rot-Weiss Essen, der früher in der Jugend des VfL Bochum kickte, bezog er im Ortsteil Harpen eine WG. Kramer: „Das spielfreie Wochenende kam zur rechten Zeit. Jetzt freue ich mich schon auf das Flutlichtspiel gegen Energie Cottbus, wir wollen endlich auf einen einstelligen Tabellenplatz.“